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14.02.2008
 
 
     
Berlinale 2008
Ein Horrorfilm über den Schrecken des Lebens - Gespräch mit Regisseur Paul Thomas Anderson
 
THERE WILL BE BLOOD
 
 
 
 
 

Mit BOOGIE NIGHTS galt er als das neue Regie-Wunderkind Amerikas, mit MAGNOLIA gewann er 2000 mit nur 30 Jahren den Goldenen Bären bei der Berlinale: Paul Thomas Anderson, geboren 1970, gilt heute bereits als einer der wichtigsten und innovativsten Regisseure der Welt. In Berlin läuft jetzt auch sein neuer Film THERE WILL BE BLOOD. In Berlin sprach Rüdiger Suchsland mit Anderson über seinen Film.

artechock: Wenn man Ihre Buchvorlage, Upton Sinclairs Roman „Oil!“ kennt, weiß man: Sie haben so ziemlich alles geändert, was sich ändern lässt, und sich noch am ehesten an die ersten 100 Seiten, knapp ein Sechstel, des Buches, gehalten. Wozu haben Sie das Buch überhaupt gebraucht?

Anderson: Stimmt, es hat sich viel geändert. Aber am Anfang schien es gar nicht so, wir hatten noch viel mehr im Drehbuch drin gelassen. Stück für Stück habe ich die Handlung dann beschränkt und konzentriert. Ich hatte den Eindruck, das Buch brauchte diese Reduktion. Zugleich habe ich neue Szenen geschrieben, und je mehr neue Szenen dazu kamen, um so mehr schien manches aus dem Roman überflüssig. Es geht ja in so einem Fall nicht darum, den Roman exakt wiederzuspiegeln – den kann jeder lesen, der sich über Sinclairs Buch informieren will. Mit geht es darum, zu erzählen, was ich selbst erzählen will, und dazu benutze ich das Buch als Material - und vieles mehr: wir haben auch historische Sachbücher als Quellen gehabt. Also: Wir haben sehr vieles benutzt.
Aber wir schulden dem Roman viel: Die Rede am Anfang ist Wort für Wort übernommen. Die Begegnung des Haupt-Charakters mit der Sunday-Familie,

Wenn Sie so viel geändert haben: Warum gibt es kaum Frauen in Ihrem Film?

Anderson: Es gab dort auf den Ölfeldern einfach kaum Frauen. Eine Liebesgeschichte schien mir in diesem Film überflüssig. Wir hatten über zweieinhalb Stunden schon genug zu erzählen. Das Wahrheit ist: Die einzigen Frauen, die dort waren, waren Prostituierte – so war es eben. Wir hatten eine solche Szene gedreht, aber dann doch aus dem fertigen Film herausgelassen. Ansonsten war das ein reiner Männerbund. Zwischendurch, beim Schnitt, hat mich das auch gestört.

Als Sie diesen Film konzipiert haben: Was waren die ersten Bilder, die sie im Kopf hatten?

Anderson: Wir hatten enorm viele, sehr sehr eindrucksvolle Photographien der kalifornischen Ölfelder und des damaligen Ölbooms – an sie haben wir uns gehalten, und versucht, dies auf der Leinwand wieder zum Leben zu erwecken. Ich habe keinen klaren Vorabplan für die Bilder gehabt, aber diese Photos im Kopf.

Das heißt: Es ging zuerst um die Landschaft und Szenerie, nicht um Charaktere?

Anderson: Nein, so kann man das auch nicht sagen. Über zwei Stunden Landschaften wäre etwas langweilig geworden.

Welche Bilder und Vorbilder aus der Filmgeschichte waren für Sie wichtig? Orson Welles, George Stevens drängen sich auf, man könnte auch an Horrorfilme denken...

Anderson: Ja, sie erwähnen die wichtigsten und besten. Stevens' GIGANTEN war von enormem Einfluss. Auch John Hustons DER SCHATZ DER SIERRA MADRE ist mir wichtig. Mit dem Hinweis auf den Horrorfilm treffen Sie ins Schwarze. Ich habe den Film für mich immer als Horrorfilm konzipiert. Und ich denke, ich habe ihn gerade gedreht. Er handelt vom Schrecken unser aller Lebens. Und es ist natürlich unvermeidlich, beim Thema „Öl“ nicht auch an Politik zu denken.

Es gibt etwas Exzessives, Barockes, Opernhaftes in THERE WILL BE BLOOD. Und der ganze Grundton ist der, als versuchten Sie sich hier an einer Art Mythologie unserer Zeit. Man muss gelegentlich an Wagners „Ring des Nibelungen“ denken... Was haben Sie für ein Verhältnis zur Oper?

Anderson: Diese Geschichte, auch die Kulturgeschichte des Ölbooms ist natürlich ein großes, großes Ding. Das war mir bewußt. Der Grundton von Größe liegt insofern auch an dem Thema. Sie können den Ton des Films „episch“ nennen. Das hat etwas mit der Filmsprache zu tun, der antidramatischen Erzählweise. Aber auch ganz schlicht mit der Länge. Über 90 Minuten kann man kaum episch erzählen. Über Opern weiß ich hingegen offen gesagt kaum etwas. Ich kenne mich da nicht gut aus.

Warum hat es seit PUNCH DRUNK LOVE 2002 überhaupt so lange gedauert, bis ihr vierter Film fertig wurde?

Anderson: Es lag nicht dran, dass ich es nicht versucht hätte. Ich musste schreiben, aber dann auch die Finanzierung auf die Beine bekommen. Das war ein schwieriger Film.

Mit Pault Thoms Anderson sprach Rüdiger Suchsland

 

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