magazin
copyright: jörg koopmann

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besprechung
bilder von jörg koopmann zum oktoberfest und anderem
"distance to destination" jörg koopmann

eine ausstellung in der isart galerie
von 14.09.2001 bis 20.10.01.2001

Den Vergleich mit den Großen ihres Fachs müssen sich zeitgenössische Fotografen wohl noch eine Weile gefallen lassen. Zum einen weil diese "Großen" unsere Sichtweise auf Fotografie maßgeblich geprägt haben, zum anderen, weil es immer noch an Methoden fehlt, mit denen sich an eine Fotografie herangehen läßt. Der Vergleich ist und bleibt die einfachste Formel.
Die Bilder von Jörg Koopman (* 1969) legen auf den ersten Blick den Vergleich mit Jeff Wall nahe: leichte Vogelperspektive, gestochene Bildschärfe bis ins allerletzte Detail, große Klarheit in der Komposition, formale Analogien und alltägliche Motive. All das liesse sich auf Walls Werk zurückführen, das nicht nur in Deutschland Schule gemacht hat. Allerdings gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen Koopmann und Wall: Koopmanns Bilder sind nicht inszeniert. Bei vielen Bildern will man es allerdings kaum glauben, da jedes Detail so akkurat ins Bild passt. So etwa auf dem Oktoberfestwiesenbild, auf dem die trunkenen Besucher wie Bewohner des Schlaraffenlandes unter den Bäumen liegen. Dennoch, es handelt sich bei Koopmanns Bildern nicht um künstlich hergestellte Arrangements. Damit stehen Welten zwischen seinem und Walls Werk, auch wenn der ihnen innewohnende ästhetische Bildsinn durchaus vergleichbar ist. Während Wall nach langer akademischer Ausbildung zu seinen inszenierten Fotografie gefunden hat, "findet" Koopmann seine Bilder auf Reisen.
   
distance to destination - distanz zum objekt
copyright: Jörg Koopmann

An der Münchner Fotoschule ausgebildet, arbeitet der Fotograf vor allem für Magazine und Werbung, Bereiche, für die er eben viel reisen muß. Das Wissen um diese kommerziellen Anliegen mag den Blick auf seine Bilder zunächst trüben, muß ihn aber nicht beschränken. Warum soll ein Bild für den Kunstmark verlieren, wenn es zuvor in einem Magazin abgebildet war? Für Koopmann gibt es Bilder, die er "seine Bilder" nennt, und für die nicht wichtig ist, ob sie allein für ihn oder für einen Auftraggeber entstanden sind. Schließlich, so der Fotograf "wenn es um das Ergebnis, das fertige Foto geht, verschwindet erstmal alles rund herum. Es ändert sich ja nichts mehr an dem Foto selbst. Eine Differenzierung in ‚frei' oder ‚angewandt' wird überflüssig." Ein solches Statement macht natürlich stutzig, und läßt den Ahnungslosen im Dunkeln, wo die "Kunst" anfängt, und wo sie aufhört. Koopmann macht gar nicht erst der Versuch, sein Werk theoretisch zu untermauern, und bricht dabei erfrischend mit einer Generation kopflastiger Fototheoretiker. Seine Bilder sind witzig, manche wunderschön, viele regen zum Nachdenken an. Aber eine Erklärung brauchen sie nicht, sie sprechen einfach für sich.
Es würde nicht einmal den gemeinsamen Titel der Arbeiten brauchen, "distance to destination", der das Werk wohl doch - zumindest im Ansatz - ein bißchen theoretisch untermauern soll. Die Assoziation zu den Bordbildschirmen in Flugzeugen ist gewollt (Flugzeug = große Distanz), um den Aspekt von Ferne und Nähe zu unterstreichen. Daß die Distanz zum Objekt aber immer eine fragliche bleibt, das zeigen die Bilder ohnehin. Und gerade darin liegt auch ihre Stärke. Bei gleichbleibender Distanz des Fotografen zum Motiv ist das eine Bild witzig und sogar böse satirisch (schönstes Beispiel: die oben erwähnte Oktoberfestwiesenfotografie), während andere eigentümlich betroffen machen, oder einfach nur treffend komponiert sind.
   
schnappschüsse auf reisen


Kommt man noch einmal auf den Witz zurück, ist zu sagen, daß hier sicherlich Koopmanns größte Stärke liegt, mehr noch als in der Sozialkritik. Das zeigt unter anderem eine ganz andere Arbeit des Fotografen, die ebenfalls in der Isart Galerie zu sehen ist. In einer Diaprojektion mit begleitendem Text liest Koopmann Karten, die er von seinen Reisen an seinen Freund Martin Fengel geschrieben hat, und umgekehrt. Die kleinen Feinheiten verschiedener Reisen werden hier beschrieben, persönliche und weniger persönliche Anliegen. Dabei wird mit großem Witz auf gewisse Unzulänglichkeiten hingewiesen, die dem Fotografen auf seinen Reisen zustoßen können, Kleinigkeiten, die zusätzlich durch echte, nicht immer vorteilhafte "shots" dokumentiert sind. Eine solche Ironie seinen eigenen Arbeiten und seinem eigenen Handeln gegenüber dürfte Künstlern wie Jeff Wall ziemlich fremd sein. Wiederum distanziert sich Koopmann auf unkomplizierte Art von denjenigen Fotokünstlern, von denen er - zumindest was das geschulte Auge angeht - auch viel gelernt haben dürfte.
Ein weiterer Unterschied zwischen Wall und Koopmann betrifft das Format. Während bei Wall das große Format auch schon mal etwas aufgeblasen wirkt - frei nach dem Motto "groß = gehaltvoll" -, hat sich Koopmann auf das kleine Format besonnen. Und zu Recht wie es scheint. Den Galerieräumen angemessen, kann man die Bilder Stück für Stück betrachten, ohne Gefahr zu laufen, in ihrer - heute oft so übermäßigen - materiellen Beschaffenheit gleich versinken zu müssen. "Distance to Destination" also auch im Format, wobei in diesem Fall der Titel durchaus gerechtfertigt ist.

christine walter




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