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FILM UND POLITISCHE VISION „Reden über
Film“ zum 80. Jahrestag der Oktoberrevolution Mit der Veränderung
der politischen wie ökonomischen Verhältnisse in Rußland
vor 80 Jahren schaute man gebannt auf das Land, dessen Filme
auch die Kinowelt erschütterten. Während der Westen
zwar dem politischen Beben widerstand, so waren doch die 1958
in Brüssel versammelten Filmhistoriker ergriffen genug,
Eisensteins PANZERKREUZER POTEMKIN - SU 1925 - zum besten Film
aller Zeiten zu wählen. Bis in die 80er Jahre erreichte
uns im Westen mit Filmen Tarkowskis, Askoldows, Parad-schanows,
Klimows, Pitschuls eine faszinierende filmische Weltsicht aus
der Sowjetunion, wo unter dem Primat der Politik zwar die Filmherstellung
erschwert und mancher fertige Film wie z.B. DIE KOMMISSARIN (1967/88)
„auf Eis“ gelegt wurde, doch gleichzeitig - vom Zwang der Marktmechanismen
befreit - dieses Filmschaffen von einer lebendigen Kinokultur
zeugte, der mit dem Verschwinden der UdSSR die Basis entzogen
ist. Selbst den naiven Parteigänger des freien Westens mußte
verwundern, mit welchen herausragenden Regis-seuren, mit welcher
menschlichen Wärme bei der Behandlung seiner Filmthemen
ein Land aufwartete, das man als „Reich des Bösen“ scholt
und mit „kalter“ Uniformität im Alltags- wie Kulturleben
gleichsetzte. Drei namhafte Vertreter aus den GUS-Staaten sind
in diesem Herbst in der Reihe „Reden über Film“ zu Gast,
um zu ihrem Werk wie zur (film-)kulturellen Situation im heutigen
Rußland wie Kirgistan Auskunft zu geben. Mit Tschingis
Aitmatow macht ein berühmter Schriftsteller, der heute als
Botschafter die Republik Kirgistan in Brüssel vertritt,
am 9.11.97 den Anfang. Eines seiner bekanntesten Bücher,
„Der weiße Dampfer“, die Geschichte eines Jungen in der
Obhut der Großeltern, der einen kindlichen Traum verliert,
wurde 1976 von Bolot Schamschijew verfilmt, der heute mit Export-Import-Geschäften
überlebt. Friedrich Hitzer, Aitmatows Übersetzer, mo-deriert
die Veranstaltung, in der auch Unterschiede zwischen literarischer
und filmischer Imagination ein Thema sein werden. Elem Klimow,
obwohl er schon seit 1964 Filme dreht, wurde hierzulande erst
durch ABSCHIED VON MATJORA sowie KOMM UND SIEH (1985) einem größeren
Publikum bekannt. Im Gespräch mit Oksana Bulgakowa, der
prominenten russischen Filmwissenschaftlerin, wird er am 23.11.
seinen MATJORA-Film vorstellen, der den Konflikt zwischen technischem
Fortschritt und traditionellen dörflichen Lebensformen thematisiert. Wassili
Pitschul hat mit dem mehrfach preisgekrönten Film KLEINE
VERA die Nöte und Perspektivlosigkeit von Jugendlichen in
der ukrainischen Industriestadt Schdanow zur Perestroika-Zeit
erfaßt. Als Chef einer Filmgruppe wird sich Pitschul am
14.12. auch zu Per-spektiven oder Perspektivlosikeiten des Filmemachens
im heutigen Rußland äußern.
aro
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