Ghost Ship

USA/AUS 2002 · 91 min. · FSK: ab 16
Regie: Steve Beck
Drehbuch: ,
Kamera: Gale Tattersall
Darsteller: Gabriel Byrne, Julianna Marguiles, Ron Eldard, Desmond Harrington u.a.
Antonia empfängt Besuch...

Antonia ist eine klas­si­sche Schönheit. Sicher, sie hat bessere Tage gesehen; da war sie jung und voller Liebe und Musik, ein wahres love boat. (Bis diese entsetz­liche Sache mit dem Kabel passie... aber nein, daran wollen wir sie nicht erinnern.) Jetzt, gewandet in Rost und Schimmel, mit morschen Planken, Wasser im Rumpf, darf der Blick des Lieb­ha­bers nicht zimper­lich sein. Und, ja, ein bisschen sonderbar ist Antonia geworden, wie es alten Frauen, die zu lange einsam waren, oft passiert: Mancher könnte Anstoß nehmen an ihrem Swim­ming­pool voll Blut, von unsicht­barer Hand sich schließenden Türen und untoten Passa­gieren...
Aber was soll sich so eine edle, stolze Italie­nerin von ein paar daher­ge­schip­perten Amis abschleppen lassen? Soll sich die melan­cho­li­sche Dekadenz von diesem tech­nik­gläu­bigen Bergungs­team ruinieren lassen mit seiner »Wir können alles repa­rieren«-Menta­lität? Diesen lauten Leuten mit ihren gierigen Augen, grap­schenden Händen, die Heavy Metal aus den Laut­spre­chern brettern lassen, wo sie doch besser dran täten auf Chris De Burgh zu hören mit »Don’t Pay the Ferryman«! Nein, auch wenn sie hinfällig und schwach geworden ist, die Luxus­liner-Lady »Antonia Graza«, 40 Jahre nach ihrem uner­klär­li­chen Verschwinden auf offener See: Sie ist noch herr­schaft­lich genug, dass die puber­tären Witzchen der Aben­teurer schal verhallen in ihren Sälen, Kabinen, Gängen. Die magische Macht dieser betö­renden Räume ist nicht zuletzt ein gran­dioser Triumph von Graham Walkers (Mad Max II, Pitch Black) Produc­tion Design über alle Untiefen des Drehbuchs, alle Klippen des Modischen in Steve Becks (13 Ghosts) Regie. Denn alles, was an Geschichte, Charak­teren, Dialogen abge­schmackt sein mag, alles was man an der Insze­nie­rung zu geschäftig, aufdring­lich, gewollt finden kann verliert sich hier, wird geschluckt und gedämpft vom majes­tä­ti­schen, zerfres­senen Charme der gefähr­li­chen Grazie, die nicht nur Titel-, sondern auch heimliche Haupt­figur des Films ist.

Antonia ist auch eine Verfüh­rerin. Mit dem Sire­nen­ge­sang der schönen Francesca lockt sie, und mit Kisten voller Gold. Aber als konser­va­tive Dame verzeiht sie nicht, wenn jemand der Versu­chung nachgibt. Den Lebenden nicht, und nicht den Toten – nur wenn sie rein sind wie das Mädchen Katie, werden sie lediglich zum Spuken, nicht zu Schlim­merem verdammt.
Denn ameri­ka­ni­sche See-Geschichten landen irgendwie immer bei »Moby-Dick«, sie kommen letzt­end­lich stets übers Meer zur Meta­physik: Auch diese uner­wartet schönen Geis­ter­bahn­fahrt mit ihrem rätsel­haften, wahr­schein­lich sogar unbe­ab­sich­tigten Bilder-Tiefgang (aber darum geht es nunmal im Kino, und im dem Traum so nahen Horror-Genre noch mehr: Bilder; und wenn die Schönheit haben und Größe und verun­si­chern können und Geheim­nisse bergen, dann sind sie es, denen man sich anver­trauen muss, und nicht Worten und Handlung).
Es steht am Ende für die Heldin Maureen Epps (Julianna Marguiles) keines­wegs nur Geld, Gold, Leib und Leben auf dem Spiel – sondern nichts weniger als ein »Save Our Souls«.