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+ M (Marc Weiss und Martin de Mattia):
5 Wunden
Ort: Herz-Jesu-Kirche, München-Neuhausen
Dauer: stationär
Entstehung: 1997-2000
Eröffnung/Einweihung:
26. November 2000
Gattung: Installation
Materialien: Gedämmte Bodenschächte, Kunststoffmembrane, Glasplatten
mit Siebdruck, Leuchtstoffröhren, Glas
Maße: 2,5 m tiefe Schächte
Träger: Pfarrei Herz Jesu
Architekten: Allmann Sattler Wappner
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projekte
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Zu den Künstlern
M+M
bezeichnet die künstlerische Zusammenarbeit von Marc Weis (geb. 1965 in
Daun/Eifel) und Martin De Mattia (geb. 1963 in Rheinhausen/Duisburg).
1997 mit dem Bayerischen Staatsförderpreis ausgezeichnet, erhielt das
Künstlerduo 1998/99 ein Stipendium an der Villa Massima in Rom und 2002
ein USA-Stipendium des Bayerischen Staates. An der Akademie der Bildenden
Künste in München übernahmen sie 2000/01 eine Gastprofessur, an der Hochschule
für Gestaltung und Kunst in Zürich 2001/02 eine Dozentur. Mit ihren Werken
nahmen sie bereits an zahlreichen nationalen und internationalen Einzel-
und Gruppenausstellungen teil. Das konzeptionell ausgerichtete Künstlerduo
M+M kombiniert verschiedene Kunstgattungen von Film, Video, Fotografie,
Bildhauerei bis Architektur miteinander. “Kunst am Bau” spielt ab der
Realisierung der “5 Wunden” 1997–2000 ebenfalls eine große Rolle im Werkkomplex
von M+M. Ob in “5 Wunden”, “Le mécanique” oder “Buchstation”, immer werden
dem Betrachter durch zeitliche Brechungen individuell zugängliche “Netz”-Werke
und damit eigene Interpretationsmöglichkeiten geboten.
Beschreibung
Für die Installation “5 Wunden” des Künstlerduos
M+M wurden in das Fundament der Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausen
über den Kirchenraum verteilt fünf Bodenschächte von jeweils 2,5 m Tiefe
eingelassen. Das Arrangement der Bodenschächte ist angelehnt an die Grundform
des lateinischen Kreuzes, wobei ein Schacht zentral im Mittelgang, zwei
Schächte im vorderen Altarbereich nahe der Holzwände und zwei weitere
im Eingangsbereich unterhalb der Orgelempore platziert wurden. In den
fünf Bodenschächten sind trichterförmige Kunststoffmembrane mit abgerundeten
Böden eingelassen. Eine rechteckige, etwa 1cm dicke Glasplatte ist im
Zentrum jeder Kammer vertikal eingespannt und im Siebdruckverfahren mit
einer anamorphotischen Fotografie versehen. Die Farbfotografien zeigen
aus unterschiedlichen Blickwinkeln die maskenbildnerisch nachgestellten
fünf Wunden Christi, wobei die Anordnung der Wundmale dem Corpus Christi
am Kreuz entspricht (ausgehend vom Altar als Haupt Jesu): vom Ansetzen
des Nagels an die rechte Hand Jesu über das Einschlagen des Nagels mit
dem Hammer in die linke Hand und in den rechten Fuß Jesu bis zu dem bereits
eingeschlagenen Nagel im linken Fuß und der blutenden, offenen Seitenwunde.
Über der Schachtmitte ist jeweils ein kleines Sichtfenster im Fußboden
eingesetzt. Es ermöglicht dem Kirchenbesucher einen leicht eingeschränkten
Blick von oben in die Kammern, so dass die Motive gleichsam zu schweben
scheinen. Der Bedeutung entsprechend ist das rechteckige Fenster über
der Seitenwunde Jesu größer als die quadratischen Bodenfenster für die
Hand- und Fußwunden. Leuchtstoffröhren leuchten die Kammern gleichmäßig
mit indirektem Licht aus. Abhängig vom richtigen Betrachterstandpunkt
– möglichst senkrecht zur Glasplatte – eröffnen sich dem Kirchenbesucher
die “5 Wunden” mehr oder weniger deutlich.
Persönliche Beobachtungen
Selten haben Künstler für “Kunst am Bau”-Projekte wie bei der Herz-Jesu-Kirche
die Gelegenheit, mit Ihrem Konzept in wichtige Entscheidungen der Bauplanung
einbezogen zu werden. Eine wesentliche Bedingung für die Realisierung
der Installation “5 Wunden” war die Kooperation zwischen dem Künstlerduo
M+M und dem Architektenteam Allmann Sattler Wappner bereits in der Planungsphase.
Ohne die Bereitstellung der bautechnisch notwendigen Maßnahmen, hätte
eine Anlage von fünf unterirdischen Schächten in den Grund der Herz-Jesu-Kirche
wohl kaum realisiert werden können. Die Kammern unter dem Kirchenraum
wecken Assoziationen zu mittelalterlichen Krypten, implizieren die Idee
von Tod und Auferstehung. Anstelle von Reliquien oder Heiligengräber beherbergen
die Kammern die im zeitgemäßen Medium der Fotografie wiedergegebenen Wunden
Christi. Bei den Nahaufnahmen rekurrieren die Künstler auf die christliche
Bildtradition. Anders als die christliche Tradition, die dem Betrachter
die Wunden Christi als Zeugnis für die erlittene Kreuzigung kompromisslos
darbietet, fokussieren die Künstler den Akt der Stigmatisation und reihen
die Wunden Christi in einer zeitlichen Abfolge szenisch aneinander. Die
an Filmstills erinnernden Nahaufnahmen bedienen sich der Vorstellungskraft
des Rezipienten, indem aus Filmen bekannte Szenen vor dem inneren Auge
stimuliert werden. Die gedankliche Projektion, die Zusammensetzung der
Ausschnitte wird dem Rezipienten selbst überlassen. Dieser interaktive
Ansatz verweigert dem Rezipienten eine bloße Passivität, sondern mutet
ihm eine überaus emotionale und persönliche Auseinandersetzung zu. Als
lateinisches Kreuz angeordnet bilden die Wunden Christi das Fundament
der Herz-Jesu-Kirche und das Kernstück des theologischen Gesamtthemas
“Kreuzigung und Auferstehung”. Aus der dezenten Anlage der Installation
“5 Wunden” in den Boden des Kirchenraums und dem Verzicht auf Texttafeln
ergeben sich gewisse Schwierigkeiten für den laienhaften Kirchenbesucher.
Wird doch vorausgesetzt, dass der Betrachter die Motive von seinem Standpunkt
aus entschlüsseln und den inhaltlichen Zusammenhang der quer im Kirchenraum
zerstreuten fünf Wundkammern erschließen bzw. sich erlaufen kann. Ohne
die scheinbar äußerst beliebten Kirchenführer scheint eine Entschlüsselung
für den überforderten Laien vor Ort kaum möglich. So richtet sich die
Installation “5 Wunden” keineswegs an den “Fast-Food-Betrachter”, wie
Pfarrer Hans Späth auf der Webseite der Herz-Jesu-Kirche schreibt. Vielmehr
möchten die “5 Wunden” von dem aufmerksamen Kirchenbesucher entdeckt und
enträtselt werden. Wer sich bereitwillig auf diese Entdeckungsreise wagt
und mit eingefahrenen Sehgewohnheiten bricht, erwartet eine interessante
und spannende Neuinterpretation einer alten Bildtradition.
Annette Mayer
Abbildungen: M+M
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Detaliansicht
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