Shifting Horizons, 1999

Künstlerin: Stefanie Zoche
Ort: München – Schwabinger Krankenhaus/Kinderklinik
Dauer: stationär seit 1999
Gattung: kinetische Plastik mit Solarantrieb
Materialien: Edelstahl, Fototransferdruck
Maße: Gesamthöhe 6m

projekte

   
Shifting Horizons
Das Werk „Shifting Horizons„ (1999) präsentiert sich durch die Darstellung eines großen „Rades„ mit lamellenartigen Konstruktionen auf denen Ausschnitte, Fragmente des Himmels mit Wolken, sowie des offenen Meeres dargestellt sind. All das passiert stufenartig – es ist der Blick vom Himmel zum erst weit entfernten Meer mit Himmelausschnitt, als auch die starke Annäherung zur Meeresoberfläche zu erkennen. Die Fotosegmente sind auf beiden Seiten des Rades zu sehen – Innen sowie Außen mit einer durch Drehung mittels Solarenergie (1 U/Min.) ständig wechselnden Perspektive. Das Rad ergibt zusammen mit der tragenden Stahlkonstruktion 6 m an Gesamthöhe, womit das Werk für jeden Besucher der Klinik unübersehbar wird, seinen Blick in die Höhe zieht und gleichzeitig eine bessere Allansichtigkeit der Fotosegmente ermöglicht.
 

   
Die Künstlerin
Stefanie Zoche ist 1965 in München geboren, von 1987 bis 1990 hat sie ihr Kunststudium am Middlesex Polytechnic, London absolviert, 1995 erhielt sie das Projektstipendium der Mathias Pschorr-Stiftung, sowie von 1995 bis 1997 das Förderstipendium des Bayerischen Kultusministeriums (HSP II). Von 1999 bis 2000 – Assistentin Klasse Rita McBride, Akademie der Bildenden Künste, München. Seit 1996 besteht die künstlerische Zusammenarbeit mit Sabine Haubitz. Ausstellungen 2002 – The Twin Peaks Project, Eslöv, Schweden, 2001 – Spion, Rauminstallation, Neue Galerie, Dachau (K) (mit Sabine Haubitz), Immersion, Leuchtkästen, Magidson Fine Art, New York (mit Sabine Haubitz), 2000 – Haubitz und Zoche, Leuchtkästen, Walter Storms Galerie, München, 1998 – Fotoarbeiten, Galerie Fotomania, Rotterdam Arbeiten im öffentlichen Raum 2002 – Fenster mit Ausblick, Skulptur im Stadtraum; Ausstellung VorOrt, München, 2001 – Treppenauge, Bodenmosaik und Wandmalerei, Allianz, München, 2000 – Analog Dialog, Skulptur aus Glas, Wasser und Licht, Microsoft, Unterschleißheim, 1999 – Gezeiten, Rauminstallation, Seidl 24, München (K), Shifting Horizons, kinetische Skulptur, Schwabinger Krankenhaus, München, 1998 – Sleeper, Fotoinstallation im Maastunnel, Rotterdam (CD-Rom) Alle angegebenen Arbeiten im öffentlichen Raum – Gemeinschaftsarbeiten mit Sabine Haubitz.
 

     

Betrachtung
Es ist nicht einfach das Dargestellte zu definieren – einerseits verweist die Installation auf eine zukunftsorientierte, futuristische, durch klare Formen und Schlichtheit in Szene gesetzte Wassermühle, was sonderlich durch das Element des Wassers – des Meeres auf den Lamellen noch verstärkt wird. Andererseits sind auch Himmelsausschnitte deutlich, die auf ein Sonnenrad deuten könnten und somit einen Gegensatz zur Mühle als wasserbetriebenem Werk hinweisen. Wahrscheinlich ist das Erstaunliche gerade die Inszenierung beider Elemente in einem – Wasser und Himmel, wobei sie sich beim Übergang ineinander nicht entgegensetzen, oder gar das eine Element das andere auszuschließen scheint. Vielmehr ist hier ein natürlicher Blickvorgang festgehalten worden, bei dem das Blau des Himmels – noch durch große, weiße Wolken verstärkt, in immer kleinere Sequenzen des selben Motivs gestuft wird, um letztlich einen entfernten Blick auf eine Meeresoberfläche zu werfen.

Dabei verlaufen diese Bilder in immer nähere zum Meer gesteuerte Sequenzen, um schließlich vollkommen unter der Oberfläche, ins Meeresblaue hineinzutauchen. Diese Szenerie wiederholt sich ununterbrochen, stellt einen in sich geschlossenen Kreis dar, welcher unausweichlich auch den Alltag bestimmt – alles hat seinen bestimmten Ablauf und immer wiederkehrende Kontinuität: die Jugend und das Alter, Gesundheit und Krankheit, das Leben und der Tod. Es scheint also kein Zufall gewesen zu sein das Werk als Teil des Öffentlichen, vor dem Krankenhaus und jedem zugänglich, oder besser gesagt – „unausweichlich„, situiert zu haben, was als Analogie zum Alter, der Krankheit, dem Tod als etwas Unausweichlichem und immer Wiederkehrendem als Teil des Alltags verstanden werden kann. Dabei ist zu beachten, dass das Werk keine Schwermut oder Trauer in sich birgt – der Himmel und das Meer – sind definitiv Leben spendende Elemente und erzeugen in der etwas trüben Kulisse der Kinderklinik eine Art Hoffnungsschimmer und Zukunftsblick, was die intensiv blaue Farbe beider Elemente noch verstärkt. Auch die Tatsache des Antriebs durch die Sonne und somit der Bewegung des Rades und seiner Inszenierung, deutet auf einen Lebenszirkel der nur durch Wärme und somit lebenserhaltender Energie vorangetrieben werden kann, womit wiederum die positiven Elemente Jugend, Gesundheit und Leben die Betrachtung bestimmen. Auch die Künstlerin selbst betont die Werksbetrachtung durch einen abstrakten Blickwinkel: "...das Leben ist ein Kreislauf...", was insbesondere Kinder sogar besser wahrzunehmen scheinen, als ihre Eltern – deren Abstraktionsfähigkeit offensichtlich mit dem Alter verloren gegangen zu sein scheint.

Die Kinder sind es, die oft erstaunt und fasziniert vor dem großen, sich drehenden Zirkel stehen bleiben und es gleich mit einem schon irgendwo gesehenen Riesenrad in Verbindung setzen. Somit scheint das Werk seine Berechtigung zur Aufstellung vor einer Kinderklinik allemal erfüllt zu haben. Stefanie Zoche ist mit Shifting Horizons ein Werk gelungen, dass trotz puristischer, klarer Formen der tragenden Stahlkonstruktion und ihrer etwas kalten, aber passenden Einbettung in die Kulisse - einen warmen und lebensnahen Eindruck vermittelt. Die Forderung nach einem abstrakten, anspruchsvollen, für die Erwachsenenwelt annehmbaren und ernstzunehmendem Kunstwerk, endete in der Synthese mit einem phantasievollen, grenzelosen Vorstellungsfreiraum einer Kinderwelt. Wahrscheinlich sind es gerade die Fotosegmente der blauen Elemente, welche die kleinen Patienten zum Träumen anregen. Vor allem ist es das Meer, welches trotz der häufigen Annahme einer selbstverständlich gewordenen Massenware der vielen Werbeplakate, wie ein Wunder in mitten einer kontinentalen, oft grau anmutenden Stadt wirkt. Gerade seine Ganzheitlichkeit, die vor allem realistische, greifbare und dreidimensionale Nähe in Kombination mit der allseitigen Erfassbarkeit, durch einen sich wiederholenden Kreis verstärkt, fesselt den Blick und die Gedanken. Die Darstellung reiner, purer, immer näher herantretender Naturelemente weckt Lebenswillen und den Wunsch nach noch größerer Nähe zu den Tiefen des Himmels, des Meeres – des Lebens.

Text und Bilder: Hanni Geiger

 































     
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