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besprechung die schöne und das genie |
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Auguste Rodin war auf dem Höhepunkt seines Ruhmes, als er 1900 die junge Deutsche Helene von Hindenburg mit ihrer Mutter - Verwandte des späteren Reichskanzlers - kennenlernte. Zwei Jahre zuvor hatte Rodin mit seinem berühmt-berüchtigten ‘Balzac’-Denkmal einen Skandal entfacht und auch nun, vor genau hundert Jahren, wußte er die Kunstwelt anläßlich der Weltausstellung in Paris durch einen eigenen Pavillon zu überraschen. Dort begegneten sich die 22jährige Helene und der sechzigjährige Bildhauer zum ersten Mal und sie sollte bis zum Tod des Meisters 1917 eine innige Freundschaft verbinden. Der große Bildhauer hatte ein Faible für junge, schöne Frauen, die sich zu dieser Zeit bereits zu großer Zahl um ihn scharten. Frauen, die den Schöpfer zahlloser leidenschaftlicher Werke anhimmelten und die ihn auf seiner kreativen Suche nach wahrer, inniger Schönheit inspirieren konnten. Der enge literarische Flirt zwischen Rodin und der jungen Deutschen, der nicht eine Liebesaffaire genannt werden kann, führte zu einem intensiven Austausch über Musik, Dichtkunst, Malerei und natürlich Bildhauerei. Eine Vielzahl von Briefen und Tagebuchnotizen berichtet von mehreren Besuchen Rodins bei Helene und ihrer Mutter in der Toskana, wo sie gemeinsam die Werke der Renaissance und die Schönheit der Natur betrachteten.
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An diese Gespräche mit Rodin erinnerte sich Helene auch noch lange nach dem Tod des Meisters, als die dunklen Schatten des Nationalsozialismus bereits aufgezogen waren. Nun jedoch geblendet von einer effektvoll inszenierten neuen Kunst schreibt sie in ihrem Buch „Berlin: Erinnerung und Gegenwart", das 1938 erschien: „Erst im Dritten Reich unter Adolf Hitlers Führung bildete sich aus dem starken Willen zur Form ein neuer Stil, wie er der erwachten Volksgemeinschaft entspricht" und sie spürt beim Anblick der Skulpturen Brekers, Kolbes oder Albikers, „daß auch hier in den aus dem Stein herausgehauenen, im heroischen Rhythmus marschierenden Gestalten der Puls einer neuen Zeit schlägt." Aus einem Brief zwei Jahr zuvor läßt sich hinzufügen: „Dabei kam mir wieder zum Bewußtsein, wie sehr doch Rodin auch in diese Zeit hineingehört - und daß er gerade auch ihr, der die Schönheit und das Geheimnis des geistesdurchstrahlten Körpers wieder aufgegangen sind, noch vieles zu sagen hat." Helene von Nostitz war weder ein begnadete Schriftstellerin noch eine ausgesprochen weitsichtige Kunstbetrachterin. Doch ging von der schönen Adeligen offenbar ein Reiz aus, so daß neben Rodin auch etwa Rainer Maria Rilke oder Hugo von Hofmannsthal die Nähe zu ihr suchten.
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Zahlreiche Briefe Rodins an Helene und seine mündlichen
Bemerkungen in ihrem Tagebuch lassen erkennen, wie sehr der Bildhauer
von der Schönheit dieser Frau beeindruckt war, eine Anmut und Grazie,
die ihn zum Schaffen anregte. Ausgangspunkt für Rodin ist eine Portraitbüste
von Helene gewesen, die ohne konkreten Auftrag begonnen sein dürfte.
In den Jahren 1902-03 entstehen eine Vielzahl von Gipsstudien. In seinem
Spätwerk greift er nochmals auf diese Gipsstudien zurück, als er mit
neuen Techniken experimentierte. Eingebettet in eine opake Glaspaste
modellierte er sie nochmals 1911 in einer schwebenden, nicht fassbaren
Schönheit. Erst 1907 entschließt sich Helene, die mittlerweise mit dem
Regierungsrat im sächsischen Innenministerium Alfred von Nostitz verheiratet
ist, Rodin für ein Auftragswerk Modell zu sitzen. Anfang des Jahres
1908 bekommt sie schließlich die Arbeit zugesandt, die neunzig Jahre
später in den Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen übergegangen
ist. Dieser Ankauf war schließlich der Anlaß, die Beziehungen Rodins
zu Helene von Nostitz näher im Rahmen einer kleinen, bemerkenswerten
Ausstellung zu untersuchen. Zu sehen ist diese noch bis zum 13. Februar
in der Neuen Pinakothek.
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