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besprechung aller anfang ist merz kurt schwitters und die folgen |
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Ein Buchtip zu Ostern. Es war einmal ein Hase – nein
eigentlich war der Hase ein Ferkel, der Haseferkel ein Schwan, der
Haseferkelschwan ein Fisch, der Haseferkelschwanfisch ein Nilpferd,
der Haseferkelschwanfischnilpferd ein Dampfer, der mit Hasendampf
voraus in ferne Länder zog. Und doch: es war ein Hase, der träumte
von Veränderung und fernen Ländern... |
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Immer wieder lugt auch der andere Urvater der Moderne hinter den collagierten Facetten hervor. Wenn Marcel Duchamp seine ready-mades, den Flaschentrockner, das Urinoir ins Museum stellte, dann ging es auch ihm nicht darum, diese altbekannten Dinge im veränderten Kontext plötzlich neu erscheinen zu lassen, ihre bislang unerkannte Schönheit zu entdecken. Nein, es ging überhaupt nicht um Ästhetik, sondern um Neutralität, um „Indifferenz„, wie es der Künstler bezeichnet haben wollte. Dies war kein Flaschentrockner mehr und schon gar kein Urinoir, weder schön noch häßlich, gut noch schlecht. Zugegeben, von diesem „Nullpunkt„ aus konnte es wieder mit Bedeutung aufgeladen werden, nicht nur durch den Künstler, sondern durch den Betrachter, jedem auf seine Weise. Auch für Schwitters ging es nicht um das Objekt an der Wand, die Skulptur auf dem Sockel, das einen Gedanken vermittelte oder eine Idee verkörperte. Es wurde erst, und zwar zu dem, was der Betrachter daraus machte. So wie der Künstler die Realität zunehmend ins Museum brachte, brachte der Betrachter die Fiktion zurück ins Bild. Auf diese Zusammenarbeit baute Schwitters. Kunst und Leben zu verbinden, das war ein erklärtes Ziel der Moderne. |
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Und so gehört zu „Merz„ nicht nur das avantgardistische, sondern auch das realistische Werk, sowie die Gedichte und die Ursonate und dann die theoretischen Schriften wie die graphisch-gewerbliche Arbeit. Ein ganzer Raum ist den realistischen Werken gewidmet, nicht nur Frühwerk und Auftragsarbeiten. Lange Zeit marginalisiert ist diese Seite des künstlerischen Schaffens von Kurt Schwitters wichtiger Bestandteil des Ganzen. Naturnachahmung im Sinne der Aneignung der Objekte, ja einer objektiven Welt da draußen; Abstraktion im Sinne ihrer subjektiven Aneignung durch den Künstler und den Betrachter. Abstraktion das ist das eigentliche Ziel, für Schwitters die Collage, die jedoch ohne ihre Herkunft aus der Welt der Objekte nicht vollkommen wäre: Die Alltagswelt wird zu einem Neuen Abstrakten vermerzt und bleibt doch in ihr – allerdings in einem höheren Sinne – aufgehoben. In der Ausstellung zu sehen auch die "Stacks" von Tony Cragg. Stapel wie der Name schon sagt, in dem der Künstler Abfall häuft, fein säuberlich und nach außen glatt abgeschlossen, in dem das Einzelne, manchmal noch erkennbar, sich doch eher dem Ganzen fügt. |
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Schwitters Merzbau: das erste Environment? Schon die Collagen muß
man als raumgreifende Objekte sehen; dann die Skultpturen und schließlich
der Merzbau. Ursprünglich war es das Atelier des Künstlers. Ein Arbeitsraum,
in dem an Kunst gearbeitet wurde, die Werke wie andere Objekte an
den Wänden lehnten, wurde seit 1923 bis 1937 zu einem intimen Kunstraum
umgebaut. Hier betrachtete der Besucher (nurmehr Freunde und Verwandte)
nicht mehr die Kunstwerke, sondern sich selbst . Vom distanzierten
Subjekt selbst zum Objekt geworden. Symbolträchtig nennt Schwitters
seinen Merzbau: „Die Kathedrale des erotischen Elends„. Der Betrachter
erinnert sich an die Kathedrale als Gesamtkunstwerk, als das gleichberechtigte
Nebeneinander der verschiedenen Künste. An die Erotik mit ihren „elenden„
Zuweisungen von männlichem Subjekt auf der einen und weiblichen Objekt
auf der anderen Seite, die nach einem Perspektivwechsel rufen, wie
es so manches Environment bis heute durchspielt. Die Ausstellung zeigt
Räume von Gregor Schneider, Laura Kikauka und Christoph Büchsel.
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