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besprechung physiognomisches erleben |
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Ein samtiger, glitschiger Wulst, ein Wurm gar, wölbt sich dem Betrachter aufreizend entgegen. Sein tiefschwarzer Schlagschatten verleiht ihm unverhoffte Monumentalität, während sein weißlich getonter Untergrund den Ursprung seiner Existenz duftig umnebelt. Der geschwollene, feucht glänzende Spalt, dem er sich entrang, wird erst auf den zweiten Blick als Mund erkannt. Die freche Zunge erscheint auch nach der Identifizierung als außerordentlich präsente, ja eigenständige Persönlichkeit. Die Photographien von Ann Mandelbaum, die jetzt bis zum 11. April im
Fotomuseum ausgestellt sind, stellen Brechungen der Realität dar. Bearbeitet
wurden sie deutlich: per Pseudosolarisation, d.h. durch eine Nachbelichtung
des fertigen positiven Bildes wurden die Tonwerte in ihr Gegenteil verkehrt.
Daraus ergibt sich der samtige graue Schimmer. Dem trat fast immer ein
Rahmen hinzu, in die Tonalität des Bildes eingebunden, der eine subtile
Fokussierung bewirkt. Die Abzüge sind entgegen vorherrschender Tendenzen
erstaunlich klein und treten so als kamerageborene Kleinode auf. |
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Doch anders als etwa die Detailaufnahmen von Robert Davies, oder die menschlichen Faltenwürfe von Yves Trémorin, konzentriert sich Mandelbaum auf die Öffnungen, auf die Membran zwischen innen und außen, die Schnittstelle zwischen humider Biologie und mimetischem Dasein: "Beim Untersuchen des Körpers faszinieren mich all die verschieden großen Öffnungen, der Unterschied zwischen den verlockenden und den abstoßenden. Ich betrachte diese verwirrende Stelle, an der wir Menschen nicht wissen, ob wir eindringen oder uns zurückziehen, ablehnen oder annehmen sollen." Manche Bilder kehren gar nicht mehr zur Hautoberfläche zurück, sondern sehen aus wie Petrischalen, in denen Keime erblühen, oder wie Eier im Momente ihrer Befruchtung. Fast vermeint man den Schlag der Samengeißel und die feine Vibration bei der Entstehung von Leben zu spüren. Das ist keine Erotik, sondern der sanfte Charme existentieller Landschaften. Zur Ausstellung ist ein Katalog bei Edition Stemmle erschienen mit Texten von Trudy Wilner Stack und Rudolf Schmitz, 104 S., 52 Abb., DM 43,-
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