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222 27|02|2002 | besprechung arnold böcklin - heimatlos zwischen himmel und erde |
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Seit dem 15. Februar ist in der Münchner Neuen Pinakothek eine Ausstellung zu sehen, die dem Haus nicht nur Ehre bereitet, sondern die auch ein Bemühen erkennen lässt, vielleicht aus dem Dornröschenschlaf kleiner Studioausstellungen zu erwachen. Tatsächlich kann sich die Böcklin-Ausstellung, die ein wenig verspätet anlässlich des 100ersten Todestages des Künstlers nach München kam, aufgrund ihrer umfangreichen Werkauswahl durchaus mit solch bombastischen Ausstellung wie die "Venus", "Murillo" oder "Krieg und Frieden" messen. Abgesehen von den etwas überstiegenen Eintrittspreisen ist "Böcklin" aber dank der zahlreichen Leihgaben nicht nur sehenswert, sondern für alle Kunstliebhaber eine Bereicherung. | |
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Wem ist Böcklin kein Begriff? Gehörte "Die Toteninsel" seit 1890 genauso wie Rembrandts "Mann mit Goldhelm" zum Standartrepertoire klassisch-romantischer Bildungsbürger. Gerade in seinem berühmtesten Gemälde vereint sich die monumentale Strenge der schroff aufstrebenden Felswände und die bewegungslose See, die nochmals die Bildtektonik aufnimmt, mit dem sensiblen Gespür für Farben, Nuancen und ihren Wirkungen. Bildgeometrie und Farbklänge vereinen sich zu einer harmonischen Überhöhung des Todes. Wie sehr zeigt sich in diesem Gemälde ein urdeutsches Empfinden. Ohne Ironie muss dem Schöpfer eines solchen Werkes Achtung entgegen gebracht werden. |
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Aber Böcklin wäre nicht Böcklin, wollte man ihn ausschließlich als literarischen Maler fixieren. Allein dass er fünf Varianten von "Die Toteninsel" schuf, zeigt, dass er im hohen Maße darum bemüht war, mit malerischen Mitteln den Ausdruck, die Stimmung des Sujets genau zu erfassen. Damit eröffnet sich ein ganz neuer Zugang zu dem Maler literarischer Themen. Böcklin genoss seine erste Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie, genaugenommen unter Johann Wilhelm Schirmer, der sein Talent als Landschaftsmaler erkannte. Doch obgleich sich bei Böcklin ein ausgeprägtes Gespür für Lichtstimmungen und Farbwerte bemerkbar macht, malte er nie vor der Natur. Alle Landschaftsbilder sind im Atelier entstanden. So verwundert es auch nicht, dass seine Kompositionen einen klaren Bildaufbau zeigen. In "Die Hochzeitsreise" sitzt ein junges Paar auf einem Felsen, der im Bildvordergrund von links nach rechts abfällt. Entgegengesetzt steigt im Bildmittelgrund eine Felswand von links unten nach rechts oben auf. Bildmittig, kurz unterhalb des Horizontes schneiden sich die Linien und eröffnen einen freien Blick in den Himmel. Die Landschaft wird nicht um ihrer selbst betrachtet, vielmehr verweist sie auf etwas dahinter liegendes. |
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Das Spannende an Böcklin ist die ästhetische Gradwanderung, die sich in seinen Werken zeigt. Einerseits herrscht eine realistische Gegenwärtigkeit vor, wenn er mittels der genauen Modulationen die Lichtstimmung zu erfassen sucht, andererseits wird die Imagination angesprochen, wenn er seine Landschaften mit Nereiden, Tritonen oder Einhörnern bevölkert. Beide Elemente stehen sich nicht entgegen, vielmehr ergänzen sie sich. Denn Böcklins Landschaften sind Aussageträger menschlicher Grundstimmungen. In ihnen vereint sich das Malerische mit dem Literarischen, um Stimmung, jedoch nicht landschaftliche, sondern menschliche zu veranschaulichen.
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