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221 20|02|2002 | besprechung balance - 3 künstler gegen das böse |
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Balance nennt sich die jüngste Ausstellung der lothringer13/halle,
und Kurator Christian Schoen ließ es sich in seiner Eröffnungsrede
nicht nehmen, deshalb gleich ein bisschen die weltpolitische Lage herbeizuzitieren.
Wenn schon entlang der „Achse des Bösen“ alles aus dem Gleichgewicht
kommt – dann ist es doch schön, wenn die Kunst sich um „Balance“ bemüht.
Wie macht sie das? |
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"l`homme au nez"
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Vorgestellt werden drei zeitgenössische Künstler, zwei davon aus
Skandinavien. Biennale-Teilnehmer Lars Siltberg zeigt eine
Installation aus drei Projektionsleinwänden. Zu sehen ist ein „Mann
mit Kugeln an Händen und Füßen“. Ein Schauspieler, den Siltberg dabei
aufnahm, wie er versucht, trotz dieser Kugeln sein Körpergleichgewicht
zu halten. Diese Idee wird dann – ähnlich einem Bruce-Naumann Video
der 70er Jahre – durchdekliniert. Wir sehen den Mann, wie er mit seinen
Plastikkugeln auf einer Eisfläche rutscht, wie er mit luftgefüllten
Kugeln auf dem Wasser taumelt und wie er in den Lüften zappelt. Immer
im Bemühen, Kontrolle über den eigenen Körper zu erlangen. Das Ganze
ist filmisch recht konsequent umgesetzt, bleibt jedoch etwas didaktisch.
Die Deutsche Dorothee Golz thematisiert Balance skulptural.
Schon von 1985 ist ein an Fäden von der Decke gehängtes Objekt, dessen
sich verjüngende lange Ausstülpung den Gesetzen der Erdanziehung zu
widersprechen scheint. Über Giacomettis „L`homme au nez“ von 1947
geht die Arbeit jedoch nicht hinaus: Giacometti hatte einen Kopf schwebend
fixiert, die Nase jedoch so verlängert, dass sie vermeintlich nach
vorne kippen müsste. Originell jedoch Golz‘ Documenta X-Beitrag „Hohlwelt
II“ von 1999. Ein fragil erscheinendes Objekt aus einer transparenten
Kugel und einem weißen kugelig-amorphen Innenleben. Die Formen changieren
zwischen Stuhl und fleischfressender Pflanze, sind gegenständlich
aber nicht mehr fassbar. Der Titel greift eine phantastische Theorie
auf, die seit den 1930er Jahren in manchen Köpfen spukt: die Hohlwelttheorie,
nach der wir nicht auf einem Planeten, sondern in einer hohlen Blase
leben. Ein schönes Märchen‚ à la Däniken, aber als Titel für die Arbeit
sehr gelungen. Herausragend die Arbeit von Annika Larsson aus Stockholm.
Sie nutzt in ihrer Videoinstallation „DOG“. Die Schreibweise in Majuskeln
legt das Anagramm „GOD“ nahe, und das bestimmt nicht zufällig. Auch
in ihrem Film scheint keine Geste zufällig. Wir sehen zwei Männer,
wächsern-künstliche Gesichter vor grauem Hintergrund, und einen Schäferhund.
Die Kamera filmt von unten nach oben, monumentalisiert die Figuren
auf diese Weise, und kennt auch sonst die ganzen Tricks der Werbe-
und der Actionfilmer: Mal wird durch den Bildausschnitt der Kopf einer
Figur abgeschnitten, Effekt: ein unbekannter Bösewicht! Oder ein Close-up
auf die Lederhandschuhe, Effekt: mit diesen Händen bringt er gleich
einen um! Doch alle Spannungsmomente laufen ins Leere, die Gewaltsymbolik,
die sich um verschiedene Ketten und den seit Adolfs „Blondie“ eindeutig
besetzten Schäferhund rankt, - verpufft. Die ganze Inszenierung, von
präzisem Musikeinsatz unterstützt, entpuppt sich als Spiel mit unseren
Sehgewohnheiten. Das aber ist brillant gemacht. P.S. Welt ist immer noch gleich böse.
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