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Photo: Rüdiger und Gabriele Lutz

 
besprechung
die wüste lebt

die wüste lebt

eine ausstellung im Museum für Völkerkunde
von 10.12.1999 bis 9.5.2000

Daß sich weite Teile Nordafrikas in grauer Vorzeit nicht nur als eine unwirtliche Stein- und Sandwüste sondern als fruchtbare, mit großen Wasserflächen bedeckte Landschaft präsentierten, dürfte einem breiteren Publikum spätestens seit dem Kinofilm „Der englische Patient" bekannt sein. Der Held des Filmes entdeckt im ägyptischen Teil der libyschen Wüste alte Höhlenmalereien mit schwimmenden Menschen. Das historische Vorbild, der ungarische Flieger und Wüstenforscher Ladislaus Almasy, leitete Anfang der 30er Jahre mehrere Expeditionen in der damals weitgehend unerforschten oder wieder vergessenen libyschen Wüste und schildert seine Erlebnisse in seinem Werk "Der Schwimmer in der Wüste".
felsbilder der libyschen wüste
Photo: Rüdiger und Gabriele Lutz

Ein weiteres Teilgebiet der Sahara, im Süden Libyens, erlebte in den letzten 2 Millionen Jahren immer wieder Zeiten mit relativ feuchtem Klima in denen günstige Lebensbedingungen für Mensch und Tier entstanden. Die Gebirgszüge waren teilweise bewaldet, an Flüssen und größeren Seen lebten Krokodile und Flußpferde – Zeugnis von diesem "paradisischen" Zustand geben die Felsbilder in den Gebirgen Messak Sattafet und Messak Mellet.
Mit der Erforschung dieses prähistorischen "Freilichtmuseums" beschäftigen sich seit 1976 Rüdiger und Gabriele Lutz im Rahmen des Projektes „Felsbildforschung in der Sahara" – eine Auswahl der über 10.000 fotografischen Dokumente werden seit Dezember letzten Jahres im Museum für Völkerkunde gezeigt.
Den Besucher erwartet eine kleine aber feine Ausstellung mit erläuternden Skizzen und kurzen, aber prägnanten Begleittexten – auch ohne Vorkenntnisse kann man sich ein Bild von den Lebensgewohnheiten längst vergangener Kulturen machen.
Nach Meinung der Autoren wurden die frühesten der zehntausenden! von Felsgravuren wahrscheinlich vor über 30.000 Jahren geschaffen, das Gros jedoch entstand in den zwei Feuchtphasen von 10.000 bis 6.000 und von 5.000 bis 2.500 v. Chr.
Das alltägliche Leben der Menschen änderte sich in diesen zwei Perioden grundlegend: Der Jäger und Sammler des Mesolithikums wird zum, vom Ackerbau und Viehzucht lebenden Bauern des Neolithikums.

alltagsleben in der steinzeit



Dieser tiefgreifende Wandel spiegelt sich in den Felsbildern und wird in der Ausstellung klar hervorgehoben: Stand anfangs die naturalistische Darstellung der Großtiere (Elefanten, Nashörner, Auerochsen, Büffel, Giraffen, Strauße, Antilopen usw.) im Vordergrund - ein Vergleich zu den steinzeitlichen Höhlenmalereien in Spanien und Südfrankreich bietet sich an - so zeigte man später die Jagdmethoden der vorzeitlichen Bevölkerung. Der Mensch wird dabei im Verhältnis zu den mächtigen Wildtieren unverhältnismäßig klein und skizzenhaft abgebildet. Als Waffen standen ihm Pfeil und Bogen, Speere und Spieße, Schleudersteine, Fangschlingen und Fangsteine zur Verfügung – während der neolithischen Epoche unterstützten den Jäger domestizierte Hunde. Aus dieser Zeit stammen die Abbildungen der klassischen Haustiere wie Rinder (deren Stammvater der Auerochse war), Ziegen und Schafe. Der Mensch rückt nun mehr in den Mittelpunkt der Darstellungen – Familienszenen, tanzende Kinder, Frauen und Männer beim Melken, Pflügen und Säen. Oftmals prunkvolle Kleidung, Haartracht und Kopfbedeckungen werden detailliert hervorgehoben. Hunderte von Theriomorphen (Mensch-Tier-Wesen) wie z. B. der furchterregende Lycaon, der den Kopf des Hyänenhundes auf seinen verstummelten menschlichen Gliedmaßen trägt, geben einen Einblick in die mythologische Gedankenwelt der vorzeitlichen Menschen und bilden den Abschluß der Felsbilder und der Ausstellung.

(Der Katalog kostet DM 12,-. Der Bildband "Das Geheimnis der Wüste" von Rüdiger und Gabriele Lutz 98,- DM)

angelika steer





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