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2 1 3 2 8 1 1 2 0 0 1 | besprechung picassos langer schatten |
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Und wieder birgt sich hinter einem großen Meister der Kunst eine Frau - auf ihren Musendienst reduziert ohne die ihr gebührende Anerkennung des eigenen künstlerischen Schaffens zu erfahren. Die Frau als gleichwertige Künstlerin - ein Umstand mit dem die Männerwelt der Kunstgeschichte so ihre Probleme zu haben schien. Rodin trieb seine Camille Claudel in den Wahnsinn, Gabriele Münters Ruhm kratzte an Kandinskys Eitelkeit, und nun tritt auch aus Picassos Schatten eine Frau hervor, die bislang nur als seine Freundin, sein Model und seine Muse in die Kunstliteratur eingegangen ist. Dass sich hinter dem Namen Dora Maar (1907-1997) allerdings eine eigenständige Künstlerin birgt, war bislang weitgehend unbekannt. In einer großen Retrospektive will das Haus der Kunst das Werk Dora Maars herausgelöst aus dem Dunstkreis Picassos zeigen, auch wenn der Titel Dora Maar & Picasso paradoxerweise die Künstlerin dennoch nicht eigenständig erscheinen läßt. | |
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Dora Maars künstlerische Laufbahn begann 1927 in der Kunstakademie
des Malers André Lhote in Montparnasse. Hier noch Studentin der Malerei,
wechselte sie schon bald an die École de Photographie und konzentrierte
sich fortan auf dieses künstlerische Medium. Anfang der 30er Jahre
gründete sie zusammen mit Pierre Kéfer ein Fotostudio für Werbeaufnahmen.
In dieser Zeit lernte sie Halasz Brassai kennen und durch ihn den
Kreis der Surrealisten. Dora Maar wurde ein aktives Mitglied, unterzeichnete
nicht nur Manifeste, sondern beteiligte sich auch an Ausstellungen.
Ihre 1935 entstandene Fotografie einer Performance vor André Bretons
Surrealisten Galerie "Gradiva", die Schlafende auf dem Trottoir vor
dem Galerie-Eingang zeigt, weist auf die Bedeutung des Surrealismus
für Dora Maars Abkehr von ihren früheren Werbe- und Modeaufnahmen
hin. Der von Freud geprägte Begriff Gradiva galt den Surrealisten
als Sinnbild einer Muse, die dem Künstler im Schlaf die Grenzen des
Mystischen öffnet und ihn in die Welt des Traumes und des Surrealen
Eintritt gebietet. |
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Die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit, dem Sichtbaren und Unsichtbaren wird von Dora Maar immer wieder ins Bild gesetzt. Aufnahmen von Blinden oder von Menschen mit geschlossenen Augen ziehen sich durch ihr gesamtes Werk. Mit dieser Motivwahl gibt Dora Maar fast ein kanonisches Beispiel für die surrealistische Forderung André Bretons: "Bilde deine Augen, indem du sie schließt". Durch die Distanz zur äußeren Wirklichkeit wird das Unterbewusste erfahrbar, welches dem rationalen Denken und Sehen verschlossen bleibt. Der Blick des Blinden Bettlers von 1934 richtet sich ekstatisch in die Welt, als wäre er einer nur ihm zugänglichen, mystischen Vision teilhaft. Die Entrücktheit des blinden Bettlers wird zudem durch seine untere soziale Stellung unterstrichen, ein Thema, das Dora Maar immer wieder festhielt. Als Kehrseite der bürgerlichen Gesellschaft sind die Verarmten und Bettler, Arbeitslosen und Landstreicher zu einem Leben jenseits des Wohlstands gezwungen. Dora Maars Blick ist nicht gnadenlos wie bei Brassai oder dokumentarisch, sondern voller Pietät und Zärtlichkeit. Ihre Modelle werden zu Archetypen für seelische Zustände. |
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Diese ruhigen, einfühlsamen Fotografien werden in der Ausstellung
mit Gemälden und Zeichnungen konfrontiert. Unter dem Einfluss Picassos
wandte sich Dora Maar seit den 40er Jahren immer mehr von der Fotografie
ab und versucht sich in der Malerei. "Ich habe etwas aus ihr gemacht"
behauptete einst Picasso. Doch war Dora Maar eine viel bessere Fotografin
als Malerin, sodass der Raum mit den Gemälden ihr künstlerisches Talent
am Ende der Ausstellung wieder dämpft, zumal hier ihren Bildern demonstrativ
Picasso-Werke gegenüber gestellt werden. Dies lässt Dora Maar schließlich
doch wieder im Schatten Picassos stehen. Die Darstellung Dora Maars
als eigenständige, durchaus ernst zu nehmende Künstlerin wird zudem
getrübt, indem man ihre Kleidung, Schuhe und schließlich gar einen
von ihr geschriebenen Einkaufszettel in ihr Œuvre mit einbezieht.
Eine alleinige Fokusierung auf Dora Maars Fotografien wäre dem Anspruch
der Ausstellung angemessener gewesen. |
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