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314 04|05|2004 | besprechung eine neue kunst? eine andere natur! |
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Die Ausstellung
"Eine neue Kunst? Eine andere Natur!" in der HypoKunsthalle lässt
sich im weitesten Sinn als Folge der bereits 1970 präsentierten Werkschau
"Fotografie nach der Malerei" betrachten. In beiden Ausstellungen
geht es um das Wechselverhältnis von Fotografie und Malerei, wobei
die Betonung der früheren, von Schmoll gen. Eisenwerth kuratierten
Ausstellung auf dem "nach" lag, während für die aktuelle Ausstellung
die Situation doch eine etwas andere ist: zahlreiche kunsthistorische
Forschungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass das Verhältnis
zwischen Fotografie und Malerei nicht nur ein am Rande erwähnenswertes
war, sondern dass die Entstehung vieler (malerischer) Werke mit bestimmten
stilistischen Ausprägungen im 19. Jahrhundert ohne die der Fotografie
eigene Ästhetik gar nicht denkbar gewesen wäre. |
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In 14 Kapiteln
zeichnet die Ausstellung den Dialog zwischen Fotografie und Malerei
nach, wobei gleich der erste Raum zu den unbestrittenen Höhepunkten
der Ausstellung zählt. Das bereits hundertfach reproduzierte Buch
"Pencil of Nature" von Henry Fox Talbot ist hier mit
einigen Originalaufnahmen aus den 1840er Jahren vertreten, die den
Unterscheid zu den Reproduktionen sehr deutlich machen. Die hoch empfindlichen
Abzüge, die nur einer minimalen Lux-Zahl ausgesetzt werden dürfen
- die ganze Ausstellung ist in diffuses Dämmerlicht getaucht, das,
nicht immer zur Freude des Betrachters, zum Schutz der Bilder notwendig
ist - gehören zwar zu den ersten fotografischen Aufnahmen überhaupt,
zeigen in der Wahl der Bildausschnitte aber gleichzeitig eine erstaunlich
Modernität. Diesen Aufnahmen steht eine in Größe und Ausschnitt
ähnelnde Ölstudie von Friedrich Wasmann, "Offenes Fenster"
von 1830, gegenüber, die man aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu den ausgestellten
Fotografien auf den ersten Blick für eine eben solche hält. Bildauffassung
wie auch die Wahl des Sujets waren bei Malern und Fotografen folglich
nicht allzu weit voneinander entfernt, so dass sich die Erfindung
der Fotografie entsprechend auch nicht als plötzlicher Einfall technisch
begeisterter Tüftler interpretieren lässt, sondern ihr Auftauchen
durchaus mit den Interessen der Maler in Zusammenhang gebracht werden
muss.
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Geleitet von einem spätromantischen Ansatz ging es sowohl den Malern wie den Fotografen um das Aufzeigen der Vergänglichkeit und der Winzigkeit des Menschen angesichts sich auftürmender Gletschermassen und vorüberziehender Wolkengebilde. Zwar können nicht
alle thematisch geordneten Räume das Thema der Ausstellung vollkommen
überzeugend vermitteln - die physiognomischen Porträtfotografien fallen
in diesem Zusammenhang etwa ebenso heraus wie die Architekturfotografien,
die in der Malerei ihresgleichen vergeblich suchen -, doch liefert
die Ausstellung insgesamt ein umfassendes Bild von dem Wechselspiel
von Malerei und Fotografie, das zudem (fast) die gesamte Bandbreite
fotografischen Schaffens im 19. Jahrhundert festhält (Körperbilder,
Tierstudien, Orientalismus, Industriebilder....). Dabei ist es vor
allem die hervorragende Hängung, die die gegenseitige Beeinflussung
beider Medien häufig auf überraschende Weise hervorhebt, etwa wenn
Adolph von Menzels "Wolkenstudie" (1851) auf Carlo Baldessare
Simellis Wolkenfotografien treffen oder eine Kalotypie Giacomo
Canevas einen "Pifferaro" exakt so wiedergibt wie es ein Gemälde
von Jean-Léon Gérômes leistet.
Außerdem ist
zur Ausstellung ein hervorragender, wenn auch nicht billiger (35,-
) Katalog erschienen, der die genannten Themen umfassend dokumentiert.
Sieht man von einem Essay von Schmoll gen. Eisenwerth ab, in dem der
Kunsthistoriker anstatt einen Rückblick über die 1970 von ihm kuratierte
Ausstellung zu geben, auf schon fast anmaßende Weise ausschließlich
seine persönlichen Leistungen hervorhebt (ich, mich, meine Vorlesungen,
meine Essays, mich als Gastprofessor etc.), ist der Kauf des Kataloges
schon aufgrund der guten Abbildungsqualität unbedingt zu empfehlen.
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