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besprechung glenn ligon in der schwarzmannstraße
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Glenn Ligons Werk kreist listig um ein wiederkehrendes Thema: Identität. Und zwar seine eigene Identität als schwarzer, schwuler Amerikaner aus New York. Ausgangspunkt der Ausstellung im Münchner Kunstverein ist die Arbeit „I AM A MAN“ aus dem Jahr 1988. Diese Worten standen auf den Tafeln der Demonstranten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, inzwischen sind sie zu Symbolen dieser Protestbewegung geworden. Ligon überträgt den Satz auf der Demo-Tafel in das Medium des Tafelbildes. Eine künstlerische Strategie, die zurückweist auf Jasper Johns' Übertragung von Zielscheiben- oder Flaggenmotiven – eben flachen, graphischen Objekten – auf die Leinwand. „I AM A MAN“, von dem im Beiheft zur Ausstellung behauptet wird, es bezeichne den Bruch des Künstlers mit dem abstrakten Expressionismus, erweist sich genau genommen noch einmal als eine späte Reverenz. Durch die Verwendung von Text stellt sich Ligon auf der anderen Seite aber auch in die Tradition der konzeptuellen Textbilder der 70er Jahre, etwa von Art & Language. Der schlichte Satz vom Ich, das seine Menschlichkeit behauptet, wird dadurch zu einer künstlerisch mehrfach codierten Botschaft: Dadurch, dass die humanitäre Botschaft nicht in der Hand von Menschen ist, sondern von einen toten Bildträger herunter verkündet wird, erhält sie einen absurden Zug. Und warum sind es eigentlich schwarze Buchstaben auf weißem Grund? Der Anspielung auf die Machtverhältnisse zwischen Menschen mit den entsprechenden Hautfarben kann man sich im Kontext dieser Ausstellung kaum entziehen. In der Arbeit „Condition Report“ von 2000 nimmt er das Bild „I AM A MAN“ noch einmal auf und stellte – unter der Maske eines Restaurators seinen gegenwärtigen Zustand fest. Und man stellt fest, dass in diesem kleinen Satz noch mehr steckt: im Englischen steht „man“ bekanntlich sowohl für die „Menschheit“ als auch für den „Mann“. Die Aussage lässt sich also – gegen die Absicht der ursprünglichen Bürgerrechtler - auch als eine Demonstration von Männlichkeit lesen. Und das ist kein Zufall. Ligon reitet hier eine subversive Attacke gegen die Bewegung „Nation of Islam“, angeführt von Louis Farrakahn, der in Washington in den 90er Jahren Massendemonstrationen („One Million Man March“) organisierte und für eine schwulenfeindliche Ausrichtung seiner Politik bekannt ist. |
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Weniger chiffriert, und etwas leichter zugänglich: kolorierte Siebdrucke, die Ligon zusammen mit Kindern herstellte. Er benutzt Motive von Malbüchern der 70er Jahre, die spezielle für schwarze Kinder erstellt wurden. Sehr pädagogisch hatte man dort Leitfiguren des schwarzen Amerikas wie Malcolm X oder Fredrick Douglas als Ausmalvorlagen eingeflochten. Die Kinder, mit denen Ligon zusammenarbeitete, reagierten sehr unterschiedlich auf die Vorgabe: manche malten das Gesicht von Malcolm X erwartungsgemäß dunkelbraun an, - andere aber auch hell und dunkelblau. Andere strichen die Gesichter Arnulf-Rainer-mäßig aus oder entwarfen bunte Muster auf dem Papier. Das von Ligon inszenierte Spiel ging auf. Auf einer großen Leinwand hat er selbst die Malcolm X-Vorlage koloriert: Der Vorkämpfer der Schwarzenbewegung erhielt blauen Lidschatten, pinke Lippen und rote Bäckchen wie die Warhol-Marilyn. Zur Zeit ist Glenn Ligon DAAD-Stipendiat in München. Zu dem
pavillonartigen Gartenhaus, in dem er wohnt, gelangt er über
eine Einbahnstraße: die Schwarzmannstraße.
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