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Jacopo Tintoretto:  Federico II.

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besprechung
jacopo tintoretto - der gonzaga-zyklus

   
jacopo tintoretto - der gonzaga-zyclus

eine ausstellung in der alten pinakothek
von 17.05.2000 bis 27.08.2000

Der bisher von den Besuchern der Alten Pinakothek meist wenig beachtete, da an ungünstiger Stelle in zweiter Reihe, für eine genauere Betrachtung zu weit oben hängende, detailreiche Historienzyklus des venezianischen Malers Jacopo Tintoretto (1518-1595) kann nun in Augenhöhe unter idealer Beleuchtung in Augenschein genommen werden. Da diese acht Gemälde einen sehr bedeutenden und außergewöhnlichen Beitrag zur Historienmalerei des 16. Jahrhunderts leisteten, ist die Entscheidung der Verantwortlichen, den acht Gemälden eine eigene Ausstellung zu widmen, um so löblicher.

   
woher stammen die acht gemälde tintorettos?


Die nach dem Tode des letzten Herzogs Ferdinando Carlo Gonzaga am 07. Juli 1708 von Kurfürst Max Emanuel erworbenen Gemälde wurden von Herzog Guglielmo Gonzaga (1538-1587) in Auftrag gegeben, nachdem er den Palazzo Ducale in Mantua um eine Flucht von 4 Sälen erweitern ließ, die 1574 vollendet wurden. In diesen Sälen sollten die Geschichte der Stadt Mantua und der Ruhm des Hauses Gonzaga verherrlicht werden. Der erste Saal, die Sala Grande oder Sala di Manto war der sagenhaften Stadtgründung durch die Magierin Manto gewidmet. Er wurde von dem damaligen Hofmaler Lorenzo Costa d. J. um 1576-79 ausgeschmückt.
Der zweite Saal, die Sala dei Capitani wurde – wie der Name schon sagt - den vier Capitani del Popolo gewidmet. Die heute verschollenen Gemälde wurden wahrscheinlich ebenfalls von Costa ausgeführt.

Für die den vier Markgrafen gewidmete Sala dei Marchesi und für die den Herzogen Federico II. und Francesco III. Gonzaga, dem Vater und Bruder des Auftraggebers, gewidmete Sala dei Duchi wurde schließlich Tintoretto beauftragt, der die jeweils vier Gemälde in den Jahren 1578-1580 in seinem Atelier in Venedig ausführte. Tintoretto erhielt briefliche Anweisungen und Kritik vom Herzog aus Mantua. Die Gemälde entstanden zu einer Zeit, in der Tintoretto gleichzeitig in Venedig an zwei großen Projekten beschäftigt war, an der Ausmalung der Scuola di S. Rocco und der Neuausstattung des Dogenpalastes. In dieser Zeit erhielt Tintoretto bereits Unterstützung durch seinen Sohn Domenico Tintoretto (~1560-1635), so daß auch für den Gonzaga-Zyklus die Mitarbeit Domenicos – besonders am letzten Gemälde des Zyklus’ – angenommen wird.

   
die 8 gemälde der sala dei marchesi und der sala dei duchi
Das ikonographische Programm entwarf der zwischen dem Herzog und den Künstlern vermittelnde, leitende Beamte am Mantuaner Hof, der Conte Teodoro Sangiorgio. Die Darstellungen sollten in chronologischer Abfolge die Protagonisten als siegreiche Feldherren portraitieren. Das erste Gemälde der Sala dei Marchesi und das letzte Gemälde der Sala dei Duchi führen jeweils eine repräsentative Zeremonie vor Augen, während die 6 übrigen Gemälde die Kriegsschauplätze und militärischen Siege verherrlichen.
   
   
raum 1/2
Domenico Tintoretto: Der Einzug Phillipps II. in Mantua
Diese 8 Gemälde bilden den Schwerpunkt der Ausstellung, sie werden jeweils in der originalen Reihenfolge in zwei Räumen präsentiert. Die erläuternden Texte gehen knapp auf den geschichtlichen Hintergrund des dargestellten Ereignisses ein und heben Besonderheiten in der Darstellung hervor. Zusätzlich werden die erhaltenen Zeichnungen Tintorettos abgebildet, die der Betrachter mit dem Gemälde unmittelbar vergleichen kann.

Die erste Folge zeigt die Erhebung des Giovanni Francesco Gonzaga zum Markgrafen von Mantua 1433, Lodovico II. Gonzaga die Venezianer auf der Etsch bei Legnago im Jahre 1439 besiegend, Federico I. Gonzaga die Stadt Legnano 1478 entsetzend, und Francesco II. Gonzaga gegen Karl VIII. von Frankreich 1495 in der Schlacht am Taro kämpfend.

Die zweite Folge stellt Federico II. Gonzaga dar, wie er 1521 Parma und 1521 Mailand einnahm, sowie 1522 Pavia verteidigte. Das letzte Gemälde veranschaulicht schließlich den Einzug Philipps II. in Mantua im Jahr 1549.

Der zweite Ausstellungsraum wird bereichert durch Tintorettos spätes Selbstbildnis (um 1588) aus dem Musée du Louvre in Paris.

   

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dokumentation


Im sich an den zweiten Zyklus anschließenden Raum sind sämtliche mit den Zyklen verbundenen Zeichnungen Tintorettos aus London, New York, Florenz und Neapel ausgestellt. Neben einer Kompositionsskizze sind mehrere figürliche Einzelstudien - oft in quadratischem Raster - erhalten.

Die überlieferte Planskizze der Sala dei Marchesi mit Angaben der Bildthemen ist ebenso ausgestellt wie die zeitgenössischen Beschreibungen der Szenen der Folgen für die Sala dei Marchesi und der Sala dei Duchi, sowie die erhaltenen Korrespondenzen aus dem Archivio di Stato in Mantua. In Vogelperspektive ist der gesamte Gebäudekomplex des Palazzo Ducale zu sehen, sowie eine Innenaufnahme, die einen Einblick in die Sala dei Marchesi vermittelt.

Medaillen von Antonio Pisano (1395-1455?), welche die Portraits von Giovanni Francesco Gonzaga (1395-1444) (Privatbesitz München) und von Ludovico II. Gonzaga (1412-1478) (München, Staatliche Münzsammlungen) zeigen, sowie Medaillen von Bartolo Talpa (tätig um 1494) mit den Portraits von Federico I. Gonzaga (1441-1484) und Francesco II. Gonzaga (1466-1519) aus dem Münzkabinett der Staatlichen Mussen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz werden ebenfalls präsentiert und sind äußerst sehenswert.

Eine von Gian Cristoforo Romano (~1465-1512) angefertigte Terracotta-Büste von Francesco II. Gonzaga aus dem Museo di Palazzo Ducale in Mantua, sowie ein Idealbildnis Federicos II. Gonzaga von Domenico Fetti (1588-1623?) aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien, runden die Dokumentation ab.

   
raum 4 gemälde-
untersuchung
Da die Aussteller neben dem historischen insbesondere den künstlerischen maltechnischen Entstehungsprozeß der Gemälde zu klären und zu veranschaulichen beabsichtigten – nicht zuletzt aufgrund der jüngst fertiggestellten Röntgenuntersuchungen des Doerner Institutes - kommt dem 4. Ausstellungsraum eine besondere Bedeutung zu. Hier kann sich der Besucher über die von Tintoretto bevorzugten Pigmente, Bindemittel und Bildträger, sowie über den Erhaltungszustand der Gemälde informieren. Neben einigen reproduzierten Röntgenaufnahmen hat der Betrachter die Möglichkeit sich vor originalen Röntgenbildern auf die Suche nach Tintorettos pentimenti (Reuezüge) zu begeben, die – nach den überlieferten Dokumenten – auf Wunsch des Herzogs vorgenommen wurden. Der im Lesen von Röntgenaufnahmen geübte Betrachter kann den Prozeß des ersten Entwurfs der Bildkomposition und ihre Veränderungen während des Malprozesses verfolgen. Der Laie unter den Betrachtern, der zwar u.a. über das von den Röntgenstrahlen undurchdringbare Bleiweiß aufgeklärt wird, wird sich mangels gezielter Erläuterung vor Ort eher schwer tun, die Geheimnisse der Röntgenstrahlen zu entdecken und wird an der Lektüre des Ausstellungskataloges nicht vorbeikommen.
   
  Wer sich ausführlich über die Gemäldeuntersuchungen, über die Geschichte des Zyklus' etc. informieren möchte, kann den Katalog für DM 42,-- erwerben oder an der nächsten Führung von Frau Dr. Ilse von zur Mühlen am 24. Mai 2000 um 12:00 Uhr teilnehmen. Wer sich besonders für restauratorische Fragen interessiert, sollte die Führung am 04. Juni 2000 nicht verpassen (weitere Führungen am 08.06., 14.06. und 22.6.).
   
 

veronika hausler



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