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besprechung
josef sudek in der vereinten

panorama
photographien

eine ausstellung im foyer der vereinten versicherung
von 26.10.1998 bis 04.12.1998

Man braucht schon einen guten Grund, um trotz abendlichem Regenschauer die Innenstadt freiwillig in Richtung Neuperlach Zentrum zu verlassen. Ein solcher ist die Eröffnung der Ausstellung von Photographien des tschechischen Altmeisters Josef Sudek in der Vereinten Versicherung, zu sehen bis zum 4.Dezember (Fritz-Schäffer-Str. 9, tägl. 12-19 Uhr, Eintritt frei). Publikumswirksame Photogeschichte zu präsentieren hat sich das Unternehmen auf sein Schild geschrieben. Neben der Präsentation auf musealem Niveau unterstützte man zudem die komplette Digitalisierung der gezeigten Arbeiten. Man bemühte sich auch um die Zusammenarbeit mit einem der besten Kenner Josef Sudeks, mit Antonín Dufek, Kurator der Mährischen Galerie in Brünn.
Im megalomanen Foyer, in dem schon die Stellwände beinahe etwas verloren wirken, haben es die Photos mit Kabinettcharakter allerdings etwas schwer. 117 Panoramaaufnahmen von 1957-1962 zeigen die nordböhmische Gegend um Most, die für den Braunkohleabbau hemmungslos ausgebeutet wurde. Im Kommunismus, so Dufek, war Landschaft lediglich Produktionsstätte. Rund um die Humboldtgrube wurde der Photograph sogar als Störfaktor verjagt und mußte oft nachweisen, daß er "nur" photographierte.

ein ökologisches werk?



Ob allerdings das Ergebnis als "erstes ökologisches Werk" bezeichnet werden sollte? Die Bilder strafen diesen Eindruck Lügen. Zwar war sich Sudek der ökologischen Katastrophe zweifelsohne bewußt. Zu gut kannte er die Natur und zu oft hat er ihre Schönheit fixiert. Doch dem dokumentarische Ehrgeiz, auf den das extreme Querformat zu deuten scheint, widersprach er deutlich, als er feststellte, daß "... nichts so photographiert werden kann, wie es ist". Die Kontaktkopien, im Verhältnis 1 : 1 vom Negativ abgenommen, geben sich durch ihre extreme Schärfte in Verbindung mit einer grau getonten Oberfläche merkwürdig transparent. Über allen Hügeln hängt ein Schleier dicken Dunstes, der die Sonne auf diesen Flecken der Erde nicht mehr scheinen läßt. Durch die verzerrende Aufnahmetechnik bäumen sich dem nur die wenigen übrigen Bäume gleichermaßen wie auch die Schornsteine auf. Ein Stumpf eines barocken Denkmals blieb als "Torso"stehen. Leben gibt es hier schon lange keines mehr, geschweige denn Kultur. Alleen unter Wasser deuten darauf hin: Bald wird dort alles ausgelöscht, und auch vom Menschen bleibt dann keine Spur. Was Sudek unter dem kommunistischen Regime nicht aussprechen durfte, davon erzählen umso deutlicher seine Werke.

milena greif



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