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besprechung Da ist der Wurm drin
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„All things are bright and beautiful“ - so steht es geschrieben!
Weiß auf weiß. (Neon auf Wand): Wir befinden uns inmitten von rieselnden Schneeflocken, 12 Blatt weißes Papier sind locker an die Wand geheftet, die Flocken kristallin, mit Silberfarbe unregelmäßig über die Bögen verteilt, „Snowflake Drawing“. Am Boden steht ein Fernseher. Weiße Schlieren, Perlendes zieht leuchtend über die dunkle Bildfläche, „Jewel“. Und schließlich „Glas“ - das sind handgeblasene Glaseier, milchig-weiß oder fleckig-gefärbt, in lockerer Gruppierung am Boden verteilt. Schön ist hier und hell. Und draußen rieselt - tatsächlich - der Schnee. Doch jäh werden wir aus unserem Traum in Weiß
gerissen. Hier ist der Wurm drin! Rot und fleischig, ausgereifte
Prachtexemplare, wie sie unter unseren gepflegten Vordergärten
nur selten zu Tage kriechen. Wir sind beklommen, assozieren Fäulnis,
Verfall und Tod, unbändige bedrohliche Natur, die die Plätze
des Menschen - den frisch gesaugten graumilierten Teppichboden
der Galerie - befallen. Kiki Smith, die mit ihren Körperskulpturen: den gehäuteten Jungfrauen „Virgin Mary“, den fragmentierten Körpern, "Meat Arms",immer wieder unseren Körper als Ort der sinnlichen Erfahrungen, aber auch geschlechtlicher, sozialer und technologischer Prägungen bearbeitet, widmet sich in ihren neuesten Arbeiten der Gestalt und dem Wandel kosmologischer Körper und den Tieren. Aber immer noch geht es um unseren Körper, der diese Welt erfährt und um die Dialektik von Schönem und Häßlichem, von Starkem und Schwachem, von Spirituellem und Physischem, von Leben und Tod. Nie wissen wir womit wir es zu tun haben. Doch immer fühlen wir uns angezogen von dem Ungewissen. Die hübschen Schlieren auf dem Bildschirm entpuppen sich nach längerem Hinsehen als Quallen. Aus den dekorativen Glaseiern droht etwas zu schlüpfen. Kiki Smith führt uns unter die Oberflächen, unter die Wasserfläche, unter den Erdboden, unter die Schale, die Haut. „Little mesa“ liegt auf einem Sockel grün bis schwarz wie ein kleines, über die Jahrtausende versteinertes Tier. Vielleicht ist es auch gallertartig, etwas, das noch zum Leben erwachen wird? Man erkennt etwas wie eine Wirblesäule oder ein Grat: „Little mesa“ ist ein Tafelberg in Südamerika. Wir wagen eine Berührung. Hart mit rauher Oberfläche, aber angenehm wie ein Handschmeichler - nein nicht ganz - ein Hoden, so werden wir aufgeklärt! „All things are bright and beautiful“. Man tut sich schwer bei der Entzifferung des Neonsatzes. Jeder Buchstabe ein anderer Schrifttypus, zusammengestückelt nur schreiben sie den Satz „All things are ...“ Man muß ihn erst entziffern und entdecken in seiner Ambivalenz - wie vieles mehr, das noch bis 11. März in der Galerie Barbara Groß rumliegt und entdeckt werden will. Imke Bösch | |
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