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Mrs. Edward Mayer als Medusa, 1935, The Yevonde Portrait Archive
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besprechung
schön originell - madame yevonde
madame yevonde - be original or die

eine ausstellung in der villa stuck
von 23.12.1999 bis 19.3.2000

Wer war Madame Yevonde?

Yevonde Cumber wurde 1893 in Streatham/ London geboren. Verkleidung und Rollenspiel gehörten bereits zu ihren ersten Kindheitserlebnissen: Ihre der Mittelklasse angehörenden Eltern besuchten das Theater und veranstalteten häufig Kostümfeste. Ab 1909 besuchte sie eine belgische Klosterschule, als junge Frau gehörte sie aktiv der Suffragettenbewegung, einer damals starken Londoner Frauenbewegung, an.

1911 begann sie ihre Ausbildung bei der bedeutenden Gesell-schaftsfotografin Lallie Charles durch die sie Kontakte zu adligen und intellektuellen Kreisen knüpfen konnte. Bereits drei Jahre später eröffnete sie mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters in London ihr eigenes Studio unter dem Namen "Madame Yevonde - Portrait Photographer". Sie bot dort zunächst berühmten Persönlich-keiten, vor allem Damen der Londoner Upper Class, kostenlose Sitzungen an. 1921 hielt sie als erste Frau einen Vortrag auf dem Kongress der Professional Photographers' Association mit dem Titel "Photographic Portraiture from Woman's Point of View".

Da die Schwarzweißfotografie ihrer Kreativität Grenzen setzte, begann Madame Yevonde Anfang der 30er Jahre mit Farbfotografie zu experimentieren. Sie wandte das 1928 von dem Chemiker Dr. D.A. Spencer und dem Werksleiter der Firma Colour Photographs ltd. F. Coppin entwickelte Vivex - Verfahren an. Dabei werden drei Negative (Magenta, Blaugrün, Gelb) einzeln belichtet und dann beim Drucken übereinandergelegt. Durch Verwendung von Pigmenten an Stelle von flüchtigen Farbstoffen erhalten die Abzüge leuchtende Farben der gesamten Farbpalette. Bei relativ einfacher Kamerahandhabung ermöglichte dieses Verfahren Eingriffe in den Prozess der Fotografie sowohl bei der Belichtung als auch bei der Herstellung des Abzugs. Die Resultate, die Yevonde damit erzielte gehören zu ihren bekanntesten Arbeiten. Sie setzte Mittel wie die Unterbelichtung der Negative ein und schaffte Effekte, indem sie teilweise die Atelierbeleuchtung oder die Linse mit farbiger Gelatine bezog. 1932 war es sie, die in England als erste eine Ausstellung von Farbfoto-grafien in der Albany Gallery eröffnete. Nach dem Krieg wandte sich Yevonde wieder der Schwarzweißfotografie zu, da Colour Photographs ltd. schließen musste.

1971 vermachte sie ihr Lebenswerk der Natonal Portrait Gallery. 1973 zeigte die Royal Photographers' Society die Einzelausstellung Sixty Years A Portrait Photographer. 1975 starbt Madame Yevonde im Alter von 82 Jahren in London.

   
was gibt es in der ausstellung zu sehen?

Stillleben, 1938, The Yevonde Portrait Archive
Unter Madame Yevondes Leitsatz "Be Original or Die" zeigt die Villa Stuck in Zusammenarbeit mit dem British Council 63 Exponate aus ihrem Hauptwerk, das zwischen 1932 und 1939 entstand. Die Ausstellung erstreckt sich übersichtlich über fünf Räume .

Am Anfang steht die Serie "Goodesses - Göttinnen". Zu sehen sind Portraitaufnahmen von Damen der High Society Londons, die Yevonde in griechische und römische Göttinnen verwandelte. Nach eigenen Angaben wurde sie von den Malern des 18. Jahrhunderts zu dieser Arbeit inspiriert. Wahr-scheinlich gab auch der "Olympische Ball", ein Maskenball, bei dem sich 1935 in London die Upper Class als mythologische Figuren kostümierte, dazu Anlass. Vertreten sind unter anderem die Göttinnen Ariel, Minerva und Medusa.

Es folgen unterschiedliche Stillleben. Häufig enthalten die Arrangements Büsten, die mit unterschied-lichen Accessoires geschmückt sind. So wird beispielsweise ein Nofretetekopf mit einer Schleife, Blüten und Schmuck ausstaffiert und von Händen begleitet, die ein Bügeleisen halten. Blumen, wie die Lilien mit einer Fliege in Großaufnahme kann man ebenfalls bewundern.

Eine Auswahl von Portraits, zum Beispiel von der Schauspielerin Vivien Leigh oder der Renn-fahrerin Jill Thomas zeigt Yevondes Freude an diesem Sujet.

Auch Werbeaufnahmen sind vertreten. In den 30er Jahren, als die Werbefotografie aufblühte, arbeitete Madame Yevonde auch in diesem Bereich, obwohl sie sich oft durch Vorgaben der Auftraggeber eingeschränkt fühlte. In diesen fantasievollen Fotografien zeigt sich erneut Yevondes Experimentierfreude. Häufig erscheinen surrealistische Elemente. Wird der Braut in der Studie für ein Titelbild des Magazins Woman&Beauty der Schleier von der Handdes Bräutigams vom Kopf gehoben oder erst aufgesetzt?

Den hintersten Raum nimmt ausschließlich Queen Mary ein, der größte und schnellste Luxusdampfer des damaligen Schiffbaus. Yevonde dokumentierte, wie britische Maler und Bildhauer dem Inneren dieses Gefährts den letzten Schliff gaben.

Die Ausstellung bietet einen guten Einblick in die umfassende Arbeit, die vielfältigen Sujets und die ausgesprochene Kreativität Madame Yevondes. Mancher würde sich vielleicht etwas mehr Information zur Entstehungsgeschichte einzelner Arbeiten wünschen. Insgesamt ist die Ausstellung aber einfach schön anzuschauen. Also, wer etwas origenelles sehen möchte, nichts wie hin, Ihr habt nur noch bis 19. März Zeit.

sonja schaule

   


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