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280 29|06|2003 | besprechung olaf metzel - reise nach jerusalem |
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Verglichen mit der Skulptur von Olaf Metzel, die sich im Treppenhaus der Pinakothek der Moderne befindet, darf man die Ausstellung „Olaf Metzel – Reise nach Jerusalem/Musical Chairs„ getrost als klein bezeichnen. Weil bei der Eröffnung der Pinakothek der Moderne 2002 Zeit und Muße fehlten, sich eingehender mit der Dokumentation der monumentalen Metzel-Skulptur zu beschäftigen, hat man Versäumtes jetzt nachgeholt: Die Kabinettausstellung, die noch bis zum 17. August im ersten Stock der Pinakothek der Moderne zu sehen ist, zeigt die Genese der riesigen Treppenhausinstallation. Eine Handvoll Zeichnungen, zwei Architekturmodelle und eine raumgreifende Plastik (aus Plastik) dokumentieren gemeinsam mit einem von Olaf Metzel entworfenem Katalogbuch Idee und Ausführung des monumentalen Braunfels’schem Widerpart.
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Glaubt man den
Ausstellungsmachern steht die Figur von Metzel auch für das Quartett
der vier Museen, Design, Architektur, Bildende Kunst und Grafik. Ihre
Größe macht die Skulptur zu einem architektonischen Bestandteil des
Hauses, dies auch um so mehr, weil Metzel mit seinem Werk die zarte
Säule, die die eingezogenen Decke des Treppenhauses mit der Treppe
verbindet, „ummantelt„ hat. Dabei kann dieser Eingriff in die Architektur
des Hauses durchaus als ironischer Kommentar des Künstlers verstanden
werden, der das Signum „Säulchen„ des Architekten Stephan von Braunfels
mit seiner Skulptur schlicht verdeckt hat (O-Ton Olaf Metzel: „Die
Säule wirkt deplaziert„). Um die zarte Säule, die keine tragende Funktion
hat und somit sinnfreies architektonisches Element ist, hat Metzel
buntschillernde Plexiglasplanen gespannt, die durch ihren hohen ästhetischen
Reiz anstandslos auch in der Designabteilung des Hauses Platz finden
würden (daher der Bezug zum Design). Dass eine solche mit Farbe und
Schrillheit daherkommende Skulptur der elegant-sachlichen Architektur
Braunfels’ den Rang abläuft war sicher nicht im Sinne des Architekten.
Aber der Frage, wie viel Kunst sein Museum verträgt, musste sich Stephan
von Braunfels stellen und man darf es wohl als offenes Geheimnis bezeichnen,
dass in seinen Augen etwas weniger Kunst im Eingangsbereich mehr gewesen
wäre.
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Nicht nur weil Olaf Metzel documenta-Teilnehmer und Professor an der Akademie der Bildenden Künste ist, erfüllt die Skulptur selbstredend die Bedingungen der dritten Gattung, der Bildenden Kunst. Die vielen Deutungsmöglichkeiten erlauben gesellschaftskritische, politische, aber auch formale Bezüge, wobei die Trias Design, Architektur und Bildende Kunst die Skulptur zudem als interdisziplinäres Objekt auszeichnet. Der Titel, „Die Reise nach Jerusalem„ verweist auf das Kinderspiel, das zwar ein Spiel, deswegen aber nicht minder traurig und aggressiv ist. Bei jeder neuen Spielrunde fliegt ein Teilnehmer aus dem Kreis der Mitspielenden, bis schließlich der Schnellste und meist auch der Kämpferischste übrigbleibt. Dass dieser Kampf auch in der Außen- und Innenpolitik, sowie mitunter sogar im Museum gespielt wird, ist bekannt und unumstritten. Die Plastikstühle im Innern der Skulptur erinnern direkt an den Aufbau des Spiels, wohingegen die Buntheit der Plexiglasbahnen auf das Heitere eines unterhaltenden Zeitvertreibs verweist nimmt. Neben dem Kinderspiel war vom Künstler auch die Assoziation an Münchens heitere Spiele gewollt, die durch das Attentat fast 30 Jahre vor Eröffnung der Pinakothek ein grausames Ende fanden. Zwar wirkt diese Verbindung ein bisschen gewollt, aber die Intention des Künstlers ist nachvollziehbar: hinter dem Bunten, Schönen und Glattem verbirgt sich mitunter auch Böses und Grausames, oder wie Kurator Bernhart Schwenk es ausdrückt, es kommt eine gestörte, beschädigte Form zum Ausdruck.
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und grafik |
Vielleicht um
den Bezug zu wirklich allen Abteilungen des Hauses herzustellen, hat
man für die Ausstellung einige Zeichnungen Metzels gerahmt und ausgestellt
(Grafik). Dabei fällt auf, wie wenig man sich normalerweise mit der
Genese von Werken auseinandersetzt, aber wie uninteressant dieser
Entstehungsprozess auch sein kann. Metzels Zeichnungen, die den Weg
veranschaulichen, den der Künstler zur fertigen Skulptur zurücklegte,
zeigen eigentlich nichts Neues und kommen auch sonst nicht an die
Größe der Originalskulptur heran. Zeichnungen, die das Werk mehr oder
weniger in Variationen zeigen und mit wenig erhellendem Gekritzel
aufgestockt werden (hier: „Mathias - Katalog - Klüser„ oder „Adresse
- Fax in Italien„), mögen bei Meistern wie Michelangelo aufschlussreich
sein, bei Olaf Metzel hingegen sind sie es nicht. Daran kann auch
ein Modell mit aufgetürmten Plastikobjekten nichts ändern, dass wie
die kleine Schwester der mächtigen Skulptur wirkt, niedlich, aber
ohne ihren Ausdruck. Anders hingegen das vom Künstler mitgestaltete
Katalogbuch, das mit vielen Fotografien etwas von der Idee zeigt,
die den Künstler interessiert. Daneben haben auch die Zeichnungen
ihren Wert, wenn sie diese Idee veranschaulichen können, ohne nur
den Werkprozess zu zeigen. Schließlich muss man nicht alles von jedem
Werk kennen, bei manchem scheinen Ausführung und Idee eigentlich genug
– so auch bei Metzels „Reise nach Jerusalem„. |
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