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2 10 30 10 2 0 0 1 | besprechung dick aufgetragen - "the mystery of painting" in der sammlung goetz
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"The Mystery of Painting" betitelt die Sammlung Goetz eine Ausstellung zeitgenössischer Malerei und steckt sich hohe Ziele. Da ist zuerst einmal die Geschichte mit der Malerei, die in den 70er Jahren aus zeitbedingten weltanschaulichen Gründen als altmodisch, überholt und reaktionär galt und für tot erklärt wurde. Dann kam die Postmoderne, alles war wieder möglich, wenn man es nur nicht so ernst nahm, und schon wurde in den Ateliers rund um die Welt wieder der Pinsel geschwungen. Nach dem Motto "Todgesagte leben länger" erfuhr die Malerei eine Renaissance. Der Neoexpressionimus der Neuen Wilden und die magischen Sinnbilder der italienische Transavanguardia eroberten die Kunstwelt. "A New Spirit in Painting" wurde von Christos Joachimides und Norman Rosenthal in einer Ausstellung der Londoner Royal Academy of Arty im Jahr 1981 ausgerufen. Seitdem wurde die Malerei noch sehr oft publikumswirksam für wiederauferstanden erklärt, die Ausstellung in der Sammlung Goetz schreibt diese Geschichte fort. Währenddessen ist das auf den internationalen Kunstmessen von Frankfurt bis New York gezeigte Angebot inzwischen wieder zu großen Teilen gemalt, und nicht fotografiert oder installiert. Malerei ist eine Tatsache der zeitgenössischen Bildproduktion, auch wenn die Bedingungen ihrer Rezeption sich durch die Vervielfältigung medialer Bilder in unserem Alltag stark verändert haben. Dass Bilder heute zwangsläufig Bilder über Bilder sind, ist inzwischen ein Topos. Darüberhinaus gibt es jedoch noch viele Fragen zum medialen Status der zeitgenössischen Malerei zu beantworten - die Ausstellung in der Sammlung Goetz ist dafür ein guter Ausgangspunkt. Ein bisschen überspannt wird die Malerei im Vorwort des Kataloges als Heilmittel vorgestellt, mit dem in Zeiten der Konfrontation von Weltanschauungen - verwiesen wird auf den 11. September - gegenseitiges Verständnis von Kulturen, Religionen und Wertsysteme erreicht werden könne. Das ist vielleicht ein bisschen viel, auf jeden Fall kann man in der Ausstellung sein Verständnis von zeitgenössischer Malerei erweitern. | |
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Zu sehen sind Arbeiten von zehn Künstlern aus dem Besitz der Sammlung
Goetz, von denen - bis auf Lari Pittman - jeder mit mehreren Werken
repräsentativ vertreten ist. Es ist nicht weniger als ein intelligent
choreographiertes Fest der Malerei. Vertreten sind bekannte Namen
wie der Leipziger Neo Rauch, der herrlich stupfe Farbtöne, matte Rots
und Blaus aus der Zeit der frühen Superman-Comics verwendet, und aus
figürlichen Bildzitaten rätselhafte neue Bildwelten zusammenstellt.
Daneben ist man auch mit weniger vertrauten Namen wie Lari Pittmann
konfrontiert. Er überfrachtet die Leinwand mit graphischen Zeichen,
entfesselt einen informativen Overkill, oberflächlicher als jeder
Werbeprospekt und gleichzeitig komplex wie eine mathematische Formel
mit drei Unbekannten. Auf diese Fülle antworten Arbeiten von Toba
Khedoori mit Leere: Auf große, gewachste Papierbahnen zeichnet sie
nichts weiter als eine Brüstung. Allein die Schatten der Stäbe deuten
in dem überwältigenden Meer aus Nichts eine zarte Ahnung von Richtung
und Orientierung an. Von Karen Kilimnik sind Zeichnungen zu sehen,
in denen sie tagebuchartig Bilder und Textfetzen kombiniert. Sehr
schön einander gegenübergestellt sind auch die orthogonal strukturierten
Arbeiten von Sarah Morris einerseits und von Udomsak Krisanamis andererseits.
Eine aufregend vielseitige Ausstellung, die in den zurückhaltenden
Räumen der Sammlung Goetz hervorragend präsentiert ist. Hingehen!
Zur Ausstellung ist ein Katalogbuch mit Aufsätzen zu den ausgestellten
Künstlern, Ellen Gallagher, Toba Khedoori, Karen Kilimnik, Udomsak
Krisanamis, Sarah Morris Chris Ofili, Laura Owens, Lari Pittman, Neo
Rauch und Matthew Ritchie, erschienen. DM 48 (Ausstellung)/DM 58 (Buchhandel).
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