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besprechung bilder ohne ausdruck |
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Peter Hendricks Photographien sind groß und grell, gehen
nah ran, so nah, daß einem manches Mal die Porträts der drogenabhängigen
Prostituierten vor Augen verschwimmen. Noch ehe der Betrachter sich abwendet,
dreht sein Objektiv ab und fokussiert die Spuren des Milieus im Rinnstein,
in der Schublade, kein Winkel, den er übersieht. Wieder zoomt er den
Frauen ins Antlitz und erforscht schonungslos, was ihre Umgebung ihnen einbrannte.
Narben, Stiche, nässende Wunden. Übersäht sind sie mit solcherlei
Makel, der in krassem Gegensatz zur kosmetischen Retusche steht. Doch weder
Lidschatten noch Lippenstift können darüber hinwegtäuschen.
Dem Betrachter wird gleich klar: Auf der Sonnenseite des Lebens ist kein
Platz für diese schattenhaften Gestalten, deren Ende doch schon von
Anfang an vorgezeichnet ist. Und tatsächlich folgt sogleich das schicksalhafte
Photo wie ein böses Ohmen: die Füße einer Leiche auf dem
gerichtsmedizinischen Obduktionstisch, mit dem obligatorischen Zettel am
großen Zeh. Der Nagellack der Zehennägel ist längst abgeblättert. |
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Die Ausstellung in der Eingangsgalerie des Fotomuseums (bis
25.04.1999) spiegelt das im Steidl Verlag erschienene Buch (ISBN 3-88243-578-X)
wider, und wagt wie dieses den schwierigen Balanceakt zwischen Text und
Bild. In diesem Falle deshalb besonders schwierig, weil das begleitende
Tagebuch von einer Prosituierten verfaßt wurde, von Teschi, die,
mit diesem Paukenschlag eröffnet das Buch, 1996 schon starb. Betroffenheit
kommt vor dem Fall. | |
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Text und Photos zusammen wandern am Grat zwischen positivistischer Milieustudie im Sinne Locards, der schrieb, daß das Milieu dem Individuum seinen Stempel aufdrückt, und pseudoverständnisvoller Szenereportage. Schon wurde der Ruf laut, Nan Goldins Ill be your Mirror habe wohl eine Modeerscheinung ausgelöst. Voyeurismus ebenso wie jegliches moralisches Anliegen weist Hendricks natürlich brüsk zurück. Tatsächlich ist auch kein erhobener Zeigefinger zu finden. Und Voyeurismus mag ein zu starker Ausdruck sein, aber Tatsache ist: Hendricks steht nun einmal außerhalb dieser Sphäre, die sich dokumentarisch nur schlecht nachvollziehen läßt, denn es fehlt ihr an der Fähigkeit, sich auszudrücken - wie das Tagebuch zeigt. Schlußendlich muß deshalb doch den Bildern der Vorzug gegeben werden, den ihre Ausdruckslosigkeit wird ihnen zum eindrucksvollen Inhalt.
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