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foto: ap münchen

240 09|07|2002
besprechung
madame de pompadour – l’art et l’amour oder vom schein der vergänglichkeit
madame de pompadour – l’art et l’amour

eine ausstellung in der
kunsthalle der hypo-kulturstiftung
von 14.06. bis 15.09.2002

Adel verpflichtet, vor allem den Seinigen gegenüber. Und so war es ein besonderes Anliegen des Johann Georg Prinz von Hohenzollern, der als Direktor der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass die an Exponaten umfangreiche Ausstellung „Madame de Pompadour – L’Art et l’Amour“ nicht nur in Versailles und nicht nur in der Londoner National Gallery zu sehen ist, sondern eben auch in München, wo sie seit einigen Wochen gastiert. Allerdings bedarf diese etwas einseitige Darstellung einer leichten Korrektur. Zwar mag es ein besonderes Anliegen des Prinzen von Hohenzollern gewesen sein, die sehenswerte Ausstellung nach München zu holen, doch vereinten sich hierbei seine Interessen mit jenen der Hypo-Kulturstiftung. Bereits 1966 hat die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank damit begonnen, Werke der französischen Malerei des 18. Jahrhunderts zu sammeln und dieselben der Alten Pinakothek als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen. Dank dieser mäzenatischen Aktivitäten kann die breite Öffentlichkeit seit 1971 das wunderbare Portrait der Madame de Pompadour von François Boucher, das zu einem der schönsten Bildnisse in der Geschichte der Kunst gehört, bewundern.
   
kunst als prestige
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Erstaunlich ist der Aufstieg der Madame de Pompadour. Erstaunlich ist aber auch, dass jemand, der sich mit Kunstschätzen umgibt, die deutlich die Sprache ländlicher Romantik sprechen, in seinem Leben am Ende so wenig von diesen romantischen Zügen zu zeigen scheint. Keine fünf Jahre war sie, die geborene Jeanne-Antoinette Poisson, mit Charles-Guillaume Lenormant d’Étioles verheiratet, als Louis XV sie ihrem Gatten entriss und als Marquise de Pompadour am französischen Hof einführte. Man muss sich schon sehr stark in die Zwänge der damaligen Zeit hinein versetzen, um zu verstehen, dass ein gesellschaftlicher Aufstieg einfach mehr zählte als individuelle Gefühle. Zumal individuelle Emotionen nicht als Ausdruck der Persönlichkeit verstanden wurden, sondern im Rahmen einer allgemeinen Kommunikation eine klare Form besaßen. Man war eben noch am Anfang einer Individualgesellschaft. Ganz in diesem Sinne sind die künstlerischen Äußerungen auch nicht als rokokohaftes Geplänkel abzuhandeln. Idyllische Schäferszenen wurden nicht als Kitsch verstanden, vielmehr als eine Sehnsucht nach der Gesellschaft in ihrem intakten Urzustand. Und damit ist selbst die Kunst des Rokoko als politische Kunst im weitesten Sinne zu verstehen. Man beachte in diesem Kontext den Strohhut der Pompadour. Nicht umsonst lies sich die Mätresse des Königs mit einem solchen Hut darstellen, verweist er doch deutlich auf die niedere Herkunft der zur höchsten Gunst Aufgestiegenen.

   
frontmann mit qualitäten
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Unter anderem war auch François Boucher (1703-1770) maßgeblich an der Imagebildung der Madame de Pompadour beteiligt. Zwar ist die Marquise in diesem wunderbaren Bildnis nicht in ländlicher Umgebung gezeigt, trägt sie keinen Strohhut, sondern ruht vielmehr versonnen auf ihrer Chaiselongue. Dennoch spricht die gesamte Ikonografie des Bildes eine eindeutige Sprache. Angefangen bei dem Hündchen, das für Treue steht, das aufgeschlagene und lässig in der Hand gehaltene Büchlein, das den Kunstsinn der Marquise veranschaulicht, bis hin zu dem gepflegten Chaos, das in ihrem Appartement herrscht. Madame de Pompadour steht nicht für formale Strenge - die wenn überhaupt allein der Königin zugekommen wäre -, sondern für eine verspielte Leichtigkeit, die sich im femininem Chaos ornamentaler Unordnung manifestiert. Überdeutlich bringt Boucher damit in seinem Bild zum Ausdruck, dass Jeanne-Antoinette ihr Leben dem König verschrieben hat und dem sie mit ihrem Kunstsinn zu gefallen suchte.

   
ausstellungs-architektur
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Im Lauf der Zeit hat die kunstsinnige Marquise zur Erheiterung ihres geliebten Monarchen einen kleinen Kosmos geschaffen, in dem sich Gobelins und Tapisserien mit feinstem Porzellan wie Goldschmiedearbeiten vereinten, so dass eine eigene Welt voller Anmut und Leichtigkeit entstand. Umfangreich und erlesen ist die Sammlung aus ihrem Nachlass. Und so lohnen allein die vielen Kostbarkeiten einen Besuch der Ausstellung. Aber nicht nur die Exponate verzücken den Kenner, vielmehr überrascht die verspielte, phantasievolle Darbietung. Tauben-Blaugrau, Ochsenblut-Rot, Pariser-Grau, Alt-Rosa, im gedämpften Licht gehalten, präsentieren sich die aufwendig gestalteten Räumedes Patrick Utermann in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung. Utermann, dieser Name steht für eine Ausstellungsarchitektur, die sich um die adäquate Repräsentation der Exponate bemüht. Sei es mit dem gelungenen Spagat zwischen Historismus und moderner Ausstellungskonzeption wie im Bayerischen Nationalmuseum, in der schlichten Inszenierung der Deutsch-Römer im Haus der Kunst oder nun in der Kunsthalle, immer bemüht sich Utermann, einen Raum für das Kunstwerk zu schaffen, in dem trotz interpretierender Architektur die Eigenständigkeit der Exponate gewahrt bleibt. So wird man in der Ausstellung „Madame de Pompadour“ nicht nur an den einzelnen Exponaten vorbei geführt, sondern vielmehr in eine andere Welt entrückt.

Täglich 10 – 20 Uhr. Regulär 7 Euro. Schüler und Studenten ermäßigt 4 Euro. An jedem Montag, der nicht auf einen Feiertag fällt, reduzieren sich die Preise um die Hälfte.

 

alescha birkenholz




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