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29|06|2004 |
besprechung
tobias regensburger: camp
2004 [muc]
der künstler als überlebensstratege
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das terrain
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Am Kurfürstenplatz, auf dem Eckgrundstück Belgrader/Hohenzollernstraße,
ist ein Helikopter gelandet. Hier, wo vor nicht allzu langer Zeit
noch ein Wohnhaus stand, dessen Spuren an den Wänden der benachbarten
Häuser noch abzulesen sind: grüne Kacheln markieren die Badezimmerwände,
Tapeten und Mauersegmente geben Aufschluss über Geschosshöhe und Anordnung
der Zimmer, auch die Wege der Wasserleitungen lassen sich nachvollziehen
und zu ebener Erde wurden nach dem Abriss des Hauses Teile der Wände
von bunten Malereien bedeckt. Links und rechts also geschichtete Struktur
auf den stehen gebliebenen Mauern eines ehemaligen Mietshauses, und
dazwischen eine Leerstelle, deren staubiger Boden noch vom Bauschutt
herrührt. Dieser Fleck bildet den idealen Landeplatz für Regensburgers
Camp, in dessen Innern sich die Spuren des Überlebensstrategen wie
eine künstlerische Reflexion auf die Strukturen an den Häuserwänden
ausnehmen.
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ein helikopter
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Von außen hat das Objekt die Größe und Form eines tatsächlichen Hubschraubers.
Das Cockpit ist aus gewölbten Plexiglaselementen zusammengeschraubt,
den Rumpf aber bildet ein herkömmlicher - und fahrtüchtiger - Kleintransporter.
Dieser ist zugleich auch der bewohnbare Kern der Installation. Doch
ist der Kleinbus nicht Stütze für das Flugobjekt, vielmehr verhält
es sich genau umgekehrt. Mit breiten orangefarbenen Gurten ist der
Transporter an das darüber liegende Gestell des Hubschraubers angebracht,
so dass die Reifen keine Bodenhaftung mehr haben.
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funktionalität
als tarnung
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In dieser Symbiose zeigt sich ein für Regensburgers Arbeiten wesentliches
Merkmal. Gegenstände werden ihres ursprünglichen Ortes und somit ihrer
Funktion enthoben und in akkumulativ zusammengetragene Werke inkorporiert.
Dabei entstehen Objekte, die sich in ihrer äußeren Form als Maschinen
tarnen, dabei aber den Blick auf ihre Versatzstücke freigeben. Der
Campingbus am Kurfürstenplatz ist seiner eigentlichen Funktion - der
Fortbewegung auf vier Rädern - beraubt und wird hier, ebenso wie die
Tischlampen, Schläuche, Glühbirnen, Kabel und vielen weiteren Elemente
im Innern der Installation - zum ästhetischen Element.
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technik vs.
organismus
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Die Tarnung ist Teil des Überlebens, doch gleichzeitig verfolgt die
Installation eine gegenläufige Strategie. Im Inneren öffnet sich dem
Blick des Betrachters mehr als nur ein gestalteter Raum. Das Objekt
legt seinen inneren Plan frei, der in der Verschmelzung von technischen
Versatzstücken mit organisch-ornamentalem Werk liegt. Dadurch, dass
die Einzelteile noch nachvollziehbar und in ihrer ursprünglichen Funktion
erkennbar sind, bekommt der Blick in den Rumpf des Helikopters einen
sezierenden Aspekt. Das Objekt wird zum Körper, in dem Funktion und
Subjektivität in einem komplizierten Gefüge verwoben sind. Man kann
somit das Camp nicht nur als Metapher für unterschiedliche Survival-Strategien
in der Gesellschaft begreifen, sondern auch als Bild und persönliche
Erzählung des Künstlers als Überlebensstrategen.
Text und Bilder:
Paulina Palomino
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Bis 15. August
2004
Kurfürstenplatz, Belgradstraße/Hohenzollernstraße
24 h täglich einsehbar, Begehungszeiten: Montag bis Samstag, 17 -
21 Uhr
Nachtlager
Veranstaltungen im Camp, immer Freitags ab 21 Uhr.
Nächste Termine:
2. Juli: Survival-Café
9. Juli: BB Grillabend
16. Juli: Einzelgänger und Kolonien
23. Juli: Umtrieb: Kinoauto
30. Juli: Totem und Tatoo
6. August: Cadavre exquis
13. August: Abriss, Heliquintett und Doku Gonnermann
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