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besprechung rupprecht geiger die zweite
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Im Lenbachhaus-Kunstbau gab es rote, blaue, gelbe Speisen zur
exklusiven Eröffnung der Ausstellung Rupprecht Geigers,
so konnte man in der Zeitung lesen. Das rauschende Fest hat keine
Spuren hinterlassen und wer jetzt die Bilder ansehen kommt, wird
wie eh und je aufgefordert, den Farbflächen nicht zu nahe
zu kommen. Dennoch lassen sich viele Besucher dabei beobachten,
wie sie, die Brille gelupft, dicht vor den Bildern stehen und
die Ursache für die Intensität suchen. Geiger Werke haben prominente Vorläufer. Rote, blaue, gelbe Farbe hatte für Konstruktivisten, insbesondere für die Gruppe De Stijl in den zwanziger Jahren besondere Bedeutung. Kandinsky ordnete den reinen Farben Formen zu: Rot sei der Kreis, blau das Quadrat, gelb das Dreieck. Auch die Wirkung präzisierte er; gelb wirkte ihm beispielsweise wie der Ton von Fanfare. | |
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Gelb ist für Geiger eine „rote Farbe", in der Intensität
der Wirkung vergleichbar. Schließlich fuße auch das
Abendrot im gleißenden Licht der Sonne, so der Künstler.
Jedoch, er variiert es nicht, sondern beschränkt es auf
industriefarbenes Gelb, in der Wirkung auf das betrachtende Augen
natürlich haaresträubend. Blau hatte in der Kunstgeschichte eigentlich Ives Klein für sich abboniert, dessen indigoblauen Flächen den Betrachter in ihre Tiefe zogen. Und Rupprecht Geigers Blaufarbigkeit, reicht, wenn auch nicht beabsichtigt, lange nicht an Klein hin. Man muß allerdings an dieser Stelle an seine dominante blaue, kreisförmige Skulptur am Gasteig erinnern, von den Münchnern liebevoll „Niveadose" genannt. | |
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Rot gehört dafür Geiger ganz und gar(jedenfalls so
lange, bis Zigarettenwerbung noch typographisch arbeiten darf.
Von einem Verbot war vor einigen Jahren die Rede, und dann muß
Marlborough nur noch an der Farbe erkennbar sein, die bekanntlich
rot ist). Rot ist für Rupprecht Geiger „Leben, Energie,
Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft". „Rot macht high, Rot
ist eine Droge", so führt Geiger in seinem Künstler-
„Rotbuch" von 1975 aus. Rot ist tatsächlich die Markenfarbe
des Künstlers. So gerne läßt er sich anläßlich
seines Jubiläums in rotem Pullover vor roter Leinwand oder
von roten Farbtöpfen umgeben ablichten. Aber dieser Ton ist natürlich viel mehr als Erkennungszeichen. „Rot als Ausrufezeichen, als Mythos, als geistige Nahrung" exklamiert er weiterhin im roten Buch. Außerdem findet er ein männliches Rot, stierblutfarben, und ein weibliches Rot, das zum Farbrand hin ausdünnt. Von stechend Neonpink bis hin zu orange-gelb moduliert, auf überdimensionalen Formaten, rund oder rechteckig, strukturiert oder gesprüht, alle Variationen hat der monochrome Meister ausgelotet. Jedoch, es kommt ihm weniger auf das Resultat als auf die Wirkung an. „Farbe ist die Nahrung der Augen", um noch einmal aus seinem aufschlußreichen Buch zu zitieren, „Seele und Leben ohne Farbe sind bedroht". Im Lexikon wird man unter dem Eintrag „Farbe" zur Differenzierung angehalten: Der Begriff Farbe in der Umgangssprache meint eigentlich „Farbstoff". Farbe ist hingegen „eine Gesichtsempfindung, die aus Zusammenwirken physikalischer, chemischer, physiologischer und psychologischer Gegebenheiten entsteht. Farben sind reflektiertes Licht". Die Wirkmacht der Farbe ist tatsächlich ungeheuer. Anschauliches, oftgehörtes Beispiel aus dem Kunstunterricht ist die Geschichte von dem rot gestrichenen Raum, in dem die gemessene Temperatur deutlich höher lag, als in einem Vergleichsraum weißer Farbe. Auch Geiger entwarf solche rotfarbigen Räume, verbindet diese allerdings mit meditativen und kulturellen Phänomenen. Im Lenbachhaus findet sich ab jetzt ein ständiger Geiger-Raum, in dem die Farben immer sprühen. PS: Rupprecht Geiger "die dritte" findet noch bis zum 11. April in der walter storms galerie statt. | |
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