|
besprechung robert wilson - villa stuck
| |
|
Das hundertjährige Jubiläum eines Gebäudes, von
einem Künstler als Gesamtkunstwerk errichtet und späterhin
als Museum für bildende Kunst dienend, erfordert eine zweifache
Aufgabe: zum einen muß dem Künstler gedacht werden,
dessen imaginativer Welt das Gebäude entsprang, zum anderen
muß aber auch dem Gebäude in seiner Räumlichkeit
selbst gehuldigt werden. Es muß mithin eine Ausstellung
stattfinden, in der die ausgestellten Objekte in unmittelbaren
Dialog zu den Ausstellungsräumen treten, um so die Räume
bewußt werden zu lassen, die sonst stillschweigend hinter
die ausgestellte Kunst zurücktreten. Wenn sich dann ein
bildender Künstler und Theaterregisseur dieser Aufgabe annimmt,
dann heißt das für eine Ausstellung, die sich Robert
Wilson - Villa Stuck tituliert, die Inszenierung von Räumlichkeit
durch die ausgestellten Objekte. Wilson greift dazu Motive
aus den von Stuck gestalteten Wandtafeln der Villa heraus und
hebt sie als Plastiken in die Dreidimensionalität des Raumes,
gleich aus der Wand herausgelöster Reliefs. In der nunmehr
erzielten Selbstreflexivität des Raumes, die sich in der
Doppelung der Motive und ihrer Plazierung aus dem Marginalen
der Wand in das Zentrum des Raumes ergibt, gelangt der Raum selbst
zur Ausstellung. Durch die von Wilsons Objekten herbeigeführte
fokussierende Hervorhebung verlassen die Motive den Charakter
des Dekorativen: Zu neuer, plastischer Materialität und
lebensechter Größe transferiert, materialisieren sie
sich zu einer eigenen, Stuck’schen, Wirklichkeit, in der die
wiederkehrenden Gestalten der Kentauren und Faune zum thematischen
Leitmotiv werden. Die Grenze von künstlerischer Imagination
und der Wirklichkeit hebt sich auf und synthetisiert sich in
einer Kulisse des Märchenhaft-Verwunschenen. Die Allegorien
der symbolisitschen Malerei Stucks erheben sich durch ihre Materialisierung
zu einer Hyperrealität, in der die Träume in die anfaßbare
Wirklichkeit übergesprungen sind. Die Environments Wilsons, die sich aus den Zitaten der Gemälde (und auch Fotografien) des Franz von Stuck speisen, heben sowohl auf die Räumlichkeit der Villa Stuck als auch auf das künstlerische Werk des Franz von Stuck ab. Die Arbeiten Wilsons zeichnen sich mithin durch ihren Verweischarakter und nicht durch ihre eigene Kunsthaftigkeit aus, was nach der Verabschiedung des Kunstwerkes in der Postmoderne nur konsequent erscheint. Im Verweisen auf den Kontext von Raum und Werk eines anderen Künstlers, das Wilson zum eigentlichen Thema wird, enthebt sich seine Kunst trotz seiner manifesten Gegenständlichkeit der Objekthaftigkeit und gliedert sich damit ein in die Kunst Wilsons, die jenseits eines Naturalismus stattfindet. | |
|
kunst in münchen suche |
berichte, kommentare, archiv |
meinungen, thesen, aktionen |
kulturinformation im internet |