magazin
Foto: Alescha Birkenholz

2 0 7     1 0 1 0 2 0 0 1
besprechung
die schönen bilder des dr. rau
die meisterwerke aus der sammlung dr. gustav rau

eine ausstellung im haus der kunst
von 05.10.2001 bis 13.01.2002

Wo fängt man an, will man über die Sammlung Rau schreiben? Bei dem Sammler selbst, Dr. Gustav Rau mit seiner durchaus bewegten Vergangenheit, oder bei den Bildern? Am leichtesten läßt sich wohl erst einmal über die Sammlung als Ganzes sprechen. Im Haus der Kunst, dem aktuellen Ausstellungsort, wurde Raus Bildern eine "auffällige Zurückhaltung", ja fast schon Bescheidenheit bestätigt. Tatsächlich gibt es kaum Werke, die durch Originalität herausragen, etwa durch temperamentvollen Pinselschwung (Ausnahme: ein Männerporträt von Fragonard) oder ungewöhnliche Sujets. Bei den meisten Bildern handelt es sich um gemäßigte, dafür sehr qualitätvolle Arbeiten. Fast alle Werke sind der Figur verhaftet, die zahlreichen Porträts werden von nur wenigen Stilleben und Landschaften eingefaßt. Zu den schönsten Porträts der Sammlung dürfte wohl eine Pastellzeichnung von Edgar Degas gehören, die den greisen Maler zeigt, der scheinbar den Betrachter anblickt. Mutlos und mit hängenden Mundwinkeln hat Degas sich selbst dargestellt, wobei er nicht uns, den Betrachter anblickt, sondern sich selbst, sein altes Antlitz, seine schwindenden Lebensgeister - ein Blick, den der Betrachter zwangsläufig teilen muß. Keine Frage, dieses Bild gehört zu den interessantesten der Sammlung Rau, die - und damit sind wir wieder bei der Sammlung - wiederum zu den interessantesten aller Privatsammlungen gehört.
   
der mythos privatsammlung
oto: Alescha Birkenholz

Gustav Rau hat über die Jahre alles getan, daß seine Sammlung wenig bekannt wurde, womit sie automatisch etwas Mythisches erlangte. Er hat sich nie mit der Presse getroffen, ja sogar eine gewisse Furchtsamkeit ihr gegenüber an den Tag gelegt. Das führte dazu, daß die Sammlung - einmal an die Öffentlichkeit gelangt - größte Aufmerksamkeit erregte. Letztes Jahr wurde sie das erste Mal im Musée de Luxembourg in Paris gezeigt und ging anschließend auf Ausstellungstournee. Mit der begeisterten Presse liess sich auch die höchst merkwürdige Geschichte der Sammlung mitverfolgen, die nach gewissen physischen wie psychischen Unzulänglichkeiten des Dr. Rau kurzerhand zum Eigentum verschiedener Stiftungen erklärt wurde. Erst in jüngster Zeit konnte Rau die Sammlung als ihr nun wieder rechtmäßig geführter Eigentümer an Unicef vermachen.
Über Gustav Rau wurde schon einiges geschrieben, und doch bleibt seine Person rätselhaft. Auf der einen Seite ein fanatischer Kunstsammler, der weder Kosten noch Mühen scheute, seine Sammlung zu komplementieren, auf der anderen Seite ein humanitär aktiver Geist, der große Teile seines Vermögens - und vermutlich auch seiner Willenskraft - in wohltätige Aktionen zugunsten der dritten Welt gesteckt hat. Auch wenn man nicht direkt sagen kann, daß es sich bei so unterschiedlichen Interessen um einen Widerspruch handelt, ungewöhnlich ist die Verbindung zwischen der Liebe zur Kunst und der Aufopferung für hilfsbedürftige Kinder auf jeden Fall.

   
zwischentitel
oto: Alescha Birkenholz

Aber noch einmal zurück zur Sammlung: Gustav Rau hat fast aus jeder Epoche der europäischen Malerei seit dem 14. Jh. gesammelt, so daß die Werke durchaus mit der chronologischen Hängung jeder größeren Gemäldegalerie mithalten können. Angefangen bei Fra Angelico über die flämische und holländische Schule, spanischen Barock und französischen Rokoko endet die Sammlung mit einem schlichten Stilleben von Morandi. Es fehlen keine große Namen (El Greco, Joshua Reynolds, Francois Boucher, Claude Monet etc.) und dort wo ein Bild vielleicht weniger herzugeben vermag, macht es den Anschein, als würde die Meisterfrage spätestens mit einer leuchtenden Farbigkeit wieder hergestellt. Denn das fällt durchgängig auf und macht die Sammlung fast ein bißchen suspekt: die Bilder weisen alle eine satte Farbigkeit und materielle Makellosigkeit auf, daß man sich zwangsläufig fragen muß, wie so viele alte Meister so unbeschadet durch die Jahrhunderte kommen konnten. Offenbar waren hier beste Restaurierungskräfte am Werk, die vielleicht auch die ein oder andere unsichere Zuschreibung durch kräftiges Reinigen der Bilder etwas relativiert haben. Während in der Ausstellung, wie sie in Köln gezeigt wurde, die meisten Bilder noch mit dem Zusatz versehen waren, "aufgrund stilistischer Merkmale ist die Zuschreibung an ... wahrscheinlich" hat man in der aktuellen Münchner Ausstellung diese - zu Recht verunsichernden - Hinweise kurzerhand weggelassen. Vielleicht wollte man an der einen oder anderen Meisterfrage gar nicht zu sehr rühren - schließlich wurde um die Ausstellung und ihren Sammler auch so schon genug Aufhebens gemacht!

christine walter

   


email
impressum


kunst in münchen
suche

berichte, kommentare,
archiv

meinungen,
thesen, aktionen

kulturinformation
im internet