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besprechung seitenwende - museumsreise. eine installation von thomas zacharias und erhard hössle |
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Wer heißt schon Leonardo da Vinci, und hat das Glück, daß sein Skizzenbuch von Bill Gates gekauft wird ? Ein solcher Kauf von dem Microsoft-Riesen Gates ermöglicht natürlich eine einwandfreie Präsentation durch das Medium Internet, das jedem Künstler nur entgegen kommen kann. Keine schmutzigen Hände, die das Buch achtlos durchblättern, die eine oder andere Seite anreißen, mit Fettflecken versehen oder womöglich gleich ganz herausreißen. Leonardos Codex Leicester gehört zu den wertvollsten Büchern der Welt, und wird trotz der Tauenden von Betrachtern, die sich täglich mit dem Werk beschäftigen, wohl kaum jemals Schaden nehmen. Durch seine Seiten kann man sich via Internet Schritt für Schritt linken, um sich anschließend noch alles am heimischen Computer ausdrucken zu lassen - dem Bedürfnis nach Nähe zum Werk kann hier vollkommen nachgekommen werden! | |
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Und was macht ein Künstler, der sein Werk auch öffentlich
zeigen will, aber nicht das Risiko der Zerstörung eingehen möchte
? Er läßt sich eine Skizzenbuchumblättermaschine erfinden.
So geschehen bei Thomas Zacharias, dessen Skizzenbücher
zur Zeit automatisch von Erhard Hössles genialer Konstruktion
umblättert werden. Hössle, einst Professor für Gold- und Silberschmiedearbeiten an der Akademie der Bildenden Künste, scheint ein Daniel Düsentrieb der Kunst zu sein. Zu seinen Werken gehören so klangvolle Dinge wie Fesseldrachen, pyrotechnische Objekte oder eben besagte Skizzenbuchumblättermaschine. (Als Münchner kennt man von Hössle das Windrad am Turm des alten Rathauses oder die Solar-Mobile in der Stadtbibliothek am Gasteig.) Nun ist die Idee der automatischen Lesehilfe nicht ganz neu: Agostino Ramelli (1531-1604) dachte 1588 schon einmal über ein sog. Leserad nach, welches nicht nur platzsparend, sondern auch für Gichtkranke (!) überaus praktisch sei. Und in neuerer Zeit hat sich Timm Ulrichs mit dem Gedanken des "praktischen Lesens" auseinandergesetzt; seine Blätter-Umblasmaschine von 1985 funktionert mit einem Ventilator als "Büchmanns Geflügelte Worte". |
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