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besprechung
DOGMA: I AM GOD

eine ausstellung in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
Max-Joseph-Platz 3,
bis 04.07.1999

"Dogma: I am God" steht auf einer gerahmten Oblate in Druckschrift. Kein Ausrufezeichen, aber auch kein unmittelbares Zeichen von Anrufung hervorgerufen durch Gottesfurcht. Wer dies für eindimensional hält, unterschätzt den Urheber. André Thomkins hätte sich niemals mit pauschalen Statements und banaler Provokation aufgehalten. Stattdessen beschäftigte er sich mit der Zeichnung, schuf parallel kleine Assemblagen, Collagen, eat-art und Architektur, fungierte als Wortartist. Wie subtil, dabei verspielt und witzig, gleichzeitig introspektiv extrovertiert seine Werke dastehen, mag das „Knopfei“ stellvertretend veranschaulichen: Thomkins nähte einen Knopf an ein ausgeblasenes Ei, das, stolz sich ob dieser Einmaligkeit brüstend, auf einer Garnspule plaziert ist. Womöglich, so der Künstler, hätte diese Begegnung von Knopf und Ei niemals stattgefunden, hätte er sich nicht mit Engelsgeduld dafür eingesetzt.

ein ei und ein knopf



Das erinnert freilich sehr an das berühmte Zusammentreffen der Nähmaschine mit dem Regenschirm auf dem Seziertisch, das man dem Grafen Lautréamont verdankt, und das sich die Surrealisten aufs Schild schrieben. Aber Knopf und Ei sind nicht aufgrund surrealer Vorbestimmung zusammengekommen, sondern der Schöpfer des Knopfeis hat willentlich gepaart, was nicht zusammengehört und hat deutlich erkennbar Spaß daran gehabt, das Unwahrscheinliche umzusetzten, um damit zu zeigen: anything goes.

Viele weitere minutiöse Unglaublichkeiten können jetzt bis zum 4. Juli in der Akademie der schönen Künste angesehen werden. Doch, wie Wieland Schmid bei der Eröffnung warnte, „André Thomkins verlangt Zeit“. Zeit, die winzig-feine Ausführung seiner Vexierbilder zu entschlüsseln, jeder Spur mit dem Auge so lange zu folgen, bis sie sich im Bilddickicht verliert. Um dem darstellenden Paradoxon von Struktur und Bild gerechter zu werden, nannte er sie später „Rapportmuster“ - eine Spielerei ebenso wie z.B. die Schanier- und die Lackbilder, bei denen der willkürlichen Form die gewollte Gestalt alsbald folgt. Damit findet Thomkins den Sinn im Unsinn, nachdem er eben diese Sinnsuche gerade erst als Nonsens entlarvte; Freiheit und Disziplin, „Einheit des Uneinen und Uneinheit der Einheit“... als manieristisches Prinzip bezeichnet Schmid den Dualismus, auf dem Thomkins fröhlich balanciert. Er selbst flachste: „Kunst macht aus etwas etwas anderes.“ Ganz unwahrscheinliche und dennoch machbare Wunder hat Thomkins, der 1985 im Alter von nur 55 Jahren starb, auch mit seiner Vorliebe für Anagramme und Palindrome vollbracht. Wenn man bei Thomkins nicht höllisch aufpaßt, wird ein KUNSTMALER geschwind zur ARTMUSKEL. Und so erklären sich auch die hier überschriebenen Worte - versuchen Sie einmal, DOGMA: I AM GOD rückwärts zu lesen. Thomkins war ein Zauberer!

milena greif



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