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319 29|06|2004

besprechung

rainer junghanns: neue tischgemeinschaften

ZI, Meiserstr. 10, 80333 München
18. Juni-08. August 2004
Mo-Fr 10-20 Uhr

Diese zwar öffentliche, aber nur dem ständigen Besucher des Zentralinstituts geläufige und im nördlichen, großen Lichthof gelegene Ausstellung präsentiert sich in einem schlichten, da form- und farbenreduzierten Äusseren. Die Betonung hierbei liegt auf dem Gegensatz zwischen dem "Innerem" und dem bereits genannten Äusseren. Denn bei dieser Ausstellung ist die Kommunikation, das Erfahren von fremdländischen Sprachen, die grundlegende Thematik. Unter dem Motto "Begegnung und Zeit" wurden 24 internationale Künstler vom Initiator und leitenden Künstler Rainer Junghanns dazu angeregt, jeweils ein 7-zeiliges Poem zu verfassen, das der Besucher über installierte Kopfhörer an Sitzgelegenheiten erleben kann.

sprechender tisch


Bei Betreten des ungewöhnlich lichten Innenhofs (ich erinnere nur an die zahlreichen Gipsabgüsse bekannter griechisch-antiker Skulpturen, die sonst den Emporenhof zieren) hinter dem Haupteingang fällt dem Besucher der im hinteren Drittel des Platzes gelegene 9 m lange, schwarz gehaltene Stahltisch auf, der auf den ersten Blick außer seiner längsrechtartig-kantigen Form und den, die Längsseiten flankierenden, 24 Stuhlquadern aus mattem schwarzen Stahl-die zum Verweilen einladen-keinerlei Besonderheiten aufweist. Bei näherem Betrachten besteht das brünierte Stahlkunstwerk aus, um je nach einer Sitzbreite markierten, Kuben, die auf ihrer Oberfläche den Titel eines Poems in der jeweiligen Landessprache tragen. Bereits in Sichtnähe der eingravierten Titel hört man Rudimente verschiedenster Stimmen, die sich aus einem Gemisch von 24 anwesenden Stimmen ihren Weg aus den Köpfhörern bahnen. So kann der gespannte Zuhörer einem finnischen Poem aus einem Kopfhörer lauschen, daneben wartet ein belgisches Gedicht, wiederum daneben wird ein afghanisches Poem gelesen... . Zur Erläuterung finden sich zwei Begleithefte, die an den Enden des Tisches als Künstlernachschlagewerk inklusive deren intendierten Aussagen dienen.

persönliche sache



Schön anzusehen sind die von den Künstlern auf Faltbögen hinterlassenen Titel, die mit der eigenen Handschrift zum Besten gegeben wurden und hinter dem, in seiner Größe einer Festtafel anmutenden, Tisch aufgereiht hängen. Auf halben Weg dazwischen säumen drei niedrige, aber helle Holztischchen in Quaderform den hinteren Abschnitt. Unter deren aufliegender Glasplatte sind Samenkörner gestreut, die darunter verewigt wurden.

bildlich gesehen t

Erst bei meinem zweiten Besuch habe ich die fotografierten Porträts der 24 Künstler links neben dem Treppenaufgang entdeckt, die die Gemeinschaft der dichtenden Künstler veranschaulichen und ebenso eine einblickende Übersicht wie auch einen übersichtlichen Einblick in das Kunstprojekt ermöglichen.




Eine Ausstellung des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, in Zusammenarbeit mit dem Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München Meiserstr. 10, 80333 München
18. Juni- 08. August 2004 Mo-Fr 10-20 Uhr
Zur Ausstellung erscheint eine CD-Rom mit Begleittext (Preis: 20 EURO) Mehr Informationen und Bildmaterial (Download) unter: http://www.zikg.lrz-muenchen.de/tischgemeinschaften

Diana Fleischer


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