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copyright zoltán glass

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besprechung
scharfe schüsse auf schnelle autos
zoltán glass

eine ausstellung in der daimlercrysler-niederlassung am odeonsplatz
bis 06.06.2001

Der Fotograf Zoltán Glass galt als Draufgänger. Er liebte die schnellen Autos, die er für Daimler-Benz fotografierte, genauso leidenschaftlich, wie die schönen Frauen, mit denen er die Autos nicht nur zu Werbezwecken garnierte. Zwischen der Anziehungskraft dieser beiden Motive entspinnt sich ein wesentlicher Teil seines Werkes, das in den dreißiger Jahren in Berlin entstand. Diesen Leidenschaften huldigte er noch, als er in den sechziger Jahren in London ein eigenes Studio führte: dort verschoss er einmal über 80 Filme von einem Mercedes „Flügeltürer“, den er ins Atelier gefahren hatte. Auf jeder dieser Aufnahmen ist das heiße Gefährt mit einem oder mehreren nackten Mädchen bestückt.
Bei den Aufnahmen, die die Daimler-Chrysler-Niederlassung am Odeonsplatz jetzt zeigt, steht naturgemäß das Auto im Vordergrund des Interesses, die Mädchen sind in die hinterste Ecke gerückt. Auch gibt es nur wenige Proben des sonstigen Werkes für Werbung und Magazine wie die Londoner Picture Post. Doch reichen diese aus, um die Nähe zu den modernen Strömungen seiner Zeit zu sehen. Es ist ein erster Einblick in den Nachlass, den Wolfgang Rolli, der Leiter des Stuttgarter Mercedesmuseums, erst vor zwei Jahren zufällig entdeckte. Daher ist diese Ausstellung des ganz in Vergessenheit geratenen Fotografen sicherlich nur der Auftakt. Denn schon jetzt erscheint sicher, das der Name Glass sich wie selbstverständlich in die Reihe der bekanntesten ungarischen Fotojournalisten wie Umbo, Munkasci und Kertèsz aufnehmen lässt. Die Bilder von Autorennen und berühmten Rennfahrern wie Manfred von Brauchitsch sind die Schau alleine wert. Ganz deutlich wird, dass Glass, der in Ungarn selbst Rennen fuhr, sich nicht satt sehen konnte an den glänzenden Karosserien und verchromten Details, darunter Sondermodelle wie die berühmte „Gurke“ Mercedes-Benz SSKL mit Stromlinienkarosserie. Von diesem und anderen der gezeigten Modelle ist heute kein einziges Exemplar mehr erhalten. Doch ließ Glass nie die Nebenschauplätze an der Rennstrecke außer Acht, was seinem Werk den besonderen Charakter gibt: Zeitabnahme, Werkstatt-Crew, Reporter mit der Schreibmaschine auf den Knien, sehnsüchtig blickende Zaungäste. Sogar den Dackel des Rennfahrers Rudolf Caracciolas ließ er durch ein Bild stolzieren.

   
der unbekannte
copyright zoltán glass

Nachdem Zoltán Glass in seiner Geburtsstadt Budapest Jobs vom Hafenarbeiter bis zum Bühnenbildner versah, ging er 1925 nach Berlin und arbeitete als Bildredakteur. Angeblich haben ihn die schlechten Aufnahmen, die er dort abgeliefert bekam, derart verärgert, dass er selbst zur Kamera griff - und schnell reüssierte. Wenig später wechselte er als Fotoreporter zum Berliner Tageblatt und gründete zwei Bildagenturen, wovon sich eine auf Automobil-Aufnahmen spezialisierte. 1936 musste er als Jude nach London emigrieren, wo er erst zwölf Jahre später wieder als Fotograf tätig werden konnte. Zu dem Zeitpunkt, so heißt es, wollte er endlich einmal richtig viel Geld verdienen. So arbeitete für die Werbung, für Zeitungen und wieder für die Autoindustrie. 1964 konnte er es sich leisten, sich in Südfrankreich zur Ruhe zu setzen. Trotz seines umfangreichen Nachlasses, ist über sein Leben noch nicht mehr bekannt.

Bis 6.6., Odeonsplatz/ Ecke Briennerstraße , Mo-Fr 10-19 Uhr, Sa, So, Feiertag 10-16 Uhr

milena greif



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