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22-jährig beim Baden im Tiber ertrunken, gilt Fohr heute
als der Inbegriff des "frühvollendeten Künstlers".
Fohr betätigte sich während seines kurzen, nur knapp
acht Schaffensjahre umfassenden Lebens vorwiegend als Zeichner.
Sein künstlerisches Werk besteht aus insgesamt rund 700
Zeichnungen. Den umfangreichsten Bestand an Werken dieses Künstlers
besitzt mit 338 Zeichnungen und Aquarellen das Hessische Landesmuseum
Darmstadt. Der überragende künstlerische Rang dieses
Romantikers sowie der 200. Geburtstag des Künstlers 1995
boten den willkommenen Anlaß, die Werke Fohrs in Darmstadt
zu sichten, wissenschaftlich zu bearbeiten und in Auszügen
auszustellen. Für diese Ausstellung, die nun auch in München
zu sehen ist, wurden 80 der schönsten Werke ausgewählt.
Viele dieser Arbeiten wurden vorher noch nie ausgestellt. Die
Besucherzahl von bisher etwa 6.100 Personen übersteigt die
Erwartungen der Ausstellungsmacher. Der in Heidelberg geborene
Künstler erhielt bei dem Universitätszeichenlehrer
Friedrich Rottmann seinen ersten Zeichenunterricht. Bereits 1810
entdeckte ihn der Darmstädter Maler und Kunstagent Georg
Wilhelm Issel und lud ihn nach Darmstadt ein, wo er ihn durch
die Vermittlung von Aufträgen förderte. Über ihn
konnte der junge Künstler auch Kontakte zum Darmstädter
Hof, besonders der Erbprinzessin Wilhelmine von Hessen, geb.
Prinzessin von Baden, knüpfen. Sie entwickelte sich im Laufe
der folgenden Jahre zu seiner Gönnerin. Ihre Unterstützung
ermöglichte Fohr 1815/16 ein Studium an der Münchner
Akademie. Die Ferien nutzte er zu einer ersten Italienreise,
die ihn auf den Spuren Albrecht Dürers über Tirol nach
Venedig führte. Seine Eindrücke hielt er in zahlreichen
Zeichnungen und Aquarellen fest. Erst nach seiner Rückkehr
aus Italien unternahm er erste Versuche in der Ölmalerei.
Im Herbst 1816 ermöglichte die Erbprinzessin Fohr einen
längeren Aufenthalt in Rom. Ein Auftrag durch den bayerischen
Kronprinzen Ludwig, dessen Bekanntschaft er während dieser
Zeit machte, gab Ausblick auf die Verlängerung seines Italienaufenthaltes.
Ludwig verhieß ihm eine große Zukunft als Maler,
doch am 29. Juni 1818 kam der junge Künstler auf tragische
Weise ums Leben. Seine Malerfreunde betrauerten in ihm den vielversprechendsten
jungen Künstler seiner Zeit. In seinen Werken spiegeln
sich die verschiedenen Lebensstationen Carl Philipp Fohrs. Den
Schwerpunkt der Münchner Ausstellung bilden Zeichnungen
und Aquarelle mit Ansichten der Burgen im Odenwald und am Neckar
sowie die Landschaften des Schwarzwaldes. Daneben sind auch frühe
Genredarstellungen, "altdeutsche" und zeitgenössische "Historiendarstellungen"
zu sehen. Eher Ausnahmen stellen Bildniszeichnungen seiner studentischen
Freunde in Heidelberg und der Mitglieder der deutschen Künstlerkolonie
in Rom dar. Eine Lieblingsfigur im Werk des jungen Romantikers
ist sein treuer Hund namens Grimsel, der vor allem auf den Blättern
der Italienreise auftaucht. In Fohrs Werk zeichnet sich die
nach 1800 einsetzende zunehmend nationalistische Gesinnung der
Romantik deutlich ab. Im Gegensatz zur progressiven Universalpoesie,
welche noch die Frühromantiker angestrebt hatten, machte
sich nach der Jahrhundertwende der allgemeine Wunsch nach kultureller
und politischer Einheit Deutschlands auch in der Kunst bemerkbar.
Die Rückbesinnung auf das Mittelalter, als es nach Ansicht
der Romantiker zuletzt eine Reichseinheit gegeben hatte, führte
zu einer Verherrlichung des Rittertums. Bei Fohr findet diese
Tendenz Ausdruck in den zahlreichen Darstellungen der Burgen
seiner Heimat sowie Szenen aus Werken wie dem "Nibelungenlied"
und Goethes "Götz von Berlichingen". Die enge Beziehung
der romantischen Maler zur deutschen Literatur ist auch in Motiven
zu finden, die z. B. auf Tiecks "Reymund und Melusine" zurückgreifen.
Während seiner Münchner Zeit begeisterte sich Fohr
für die Landschaftsauffassung von Joseph Anton Koch, die
eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Genre bewirkte.
Johann David Passavant, Förderer Fohrs in Rom, schrieb in
seinen 1820 erschienenen "Ansichten über die bildenden Künste"
über ihn: "Wenige Künstler hat es je gegeben, welche
mit einer so reichen Phantasie einen so großen Sinn für
Formen und Farbe, und einer solchen Leichtigkeit begabt waren,
die Natur in ihrem Charakter so lebendig aufzufassen und mit
der größten Meisterschaft darzustellen..." Grundmotiv
der Landschaftskunst bei Fohr bildet das Ineinander des von Menschen
Gebauten und des Gewachsenen, von geschichtlichem Relikt und
Natur. Mit den Aquarellen des sogenannten "Neckarskizzenbuchs"
schuf er etwas gänzlich Neues, indem er historisch bedeutsame
Landschaften mit figürlichen Historien verband. Er versteht
Landschaft als Ort geschichtlicher Taten, wobei die Burgruine
als geschichtliches Relikt in der Landschaft auftaucht. Fohr
beschäftigete sich mit der Geschichte dieser Burgen und
der dazugehörigen Sagen- und Märchenwelt. Seine Phantasie
läßt die Ritterburgen die Gestalten ihrer einstigen
Bewohner lebendig werden. Der zur Ausstellung erschienene Katalog
erfaßt die gesamte Sammlung des Hessischen Landesmuseum
Darmstadt und bietet einen erweiterten Einblick in das Werk des
jungen Romantikers.
Friederike Gaa |