oskar
maria graf über das ihm zu ehren errichtete denkmal im
literaturhaus münchen
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Ein Leser: Sehr geehrter
Herr Graf, vielen Dank, daß Sie sich die Zeit für eine Befragung
Ihrer Bücher genommen haben. Die New Yorker Künstlerin Jenny
Holzer hat Texte aus Ihrem Werk „beweglich und unbeweglich in die Architektur
und die Nutzgegenstände des Kaffeehauses sowie den Platz vor dem
Haus integriert", wie es im Pressetext heißt. Können Sie
Ihre Bücher in diesen Bruchstücken auf Suppentassen und anderen
Utensilien wiedererkennen?
Graf: „Zum Glück vergesse ich schon nach kürzester
Zeit Inhalt und Handlung vollkommen, und Freunde, die sich mitunter
den Scherz machen, mir etwas davon zu erzählen, ohne meinen Namen
zu nennnen, staunen stets ungläubig, wenn ich mich an nichts
erinnere und es mir vorkommt, als hätte ich so etwas nie geschrieben.
Das bestärkt mich immer wieder in der Meinung, daß ich
überhaupt kein Schriftsteller oder Dichter, sondern ein ausgesprochener
Stegreiferzähler ... bin". (Gelächter von Aussen, S. 18).
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Der Leser: Soll das heißen, daß die meisten Ihrer
Schriften so etwas wie einen Erzählfluss haben?
Graf: "Ich habe vom mündlichen Erzählen am meisten
gelernt, und aus diesem Grund mich daran gewöhnt, fast alle meine
Romane fortsetzungsweise während des Entstehens Freunden vorzulesem.
Nur so entdecke ich jede weitschweifige Flausenmacherei und Unnatürlichkeit
in den Dialogen, nur dadurch gewinne ich die Einsicht, daß jeder
Satz eine logische Aktivität besitzen muß, um den folgenden
zu aktivieren." (Gelächter von Aussen, S. 19)
Der Leser: Dann wehren Sie sich also gegen eine Zerstückelung
Ihrer Texte?
Graf: „Mir kann´s ja gleichgültig sein" (Gelächter
von Aussen, S.349)
Der Leser: Aber Herr Graf, Jenny Holzer ist immerhin eine
sehr bekannte Künstlerpersönlichkeit.
Graf: „Großartig! Großartig, da bin ich ja in
der besten Gesellschaft!" (Gelächter von Aussen, S.333)
Der Leser: Das klingt etwas überheblich. Gehört
nicht auch einiges Glück dazu, berühmt zu werden, Bücher
zu veröffentlichen oder Ausstellungen zu bekommen?
Graf: „...zum Teufel, was ist denn Glück anderes als
eine einmalige Empfindungswelle, die uns ganz jäh in eine fast
schwindelnde Höhe hinaufpeitscht, aber schon im nächsten
Augenblick verschwimmt und zu einem Zustand verflacht, in welchen
wir uns auffallend schnell hineinleben, als hätte es selbstverständlich
garnicht anders kommen können?-, ist´s einmal soweit, dann kommt
ein derart protzenhaftes Selbstbewußtsein über uns, daß
wir vor lauter persönlicher Wichtigmacherei jede Kontrolle über
wesentliches und Unwesentliches verlieren." (Gelächter von Aussen,
S.267 f.)
Der Leser: Aber es liegt doch sicher auch an der Qualität
des ...
Graf: „Alles dummes Zeug! ... Es geht...ihnen bloß ums
Bekanntwerden und vorallem darum, daß ihre Sachen haufenweis´
gekauft werden. (Gelächter von Aussen, S.317)
Der Leser: Glauben Sie denn, daß Jenny Holzer selbst
viel zu wenig kreativ ist, was die Arbeit im Literaturhaus betrifft?
Graf: „ Ich weiß nicht, wer die Meinung aufgebracht
und sie mit der Zeit zu einer unumstößlichen Wahrheit gemacht
hat, daß für jeden wahren Künstler ein innerstes Muß
der schöpferische Antrieb ist. (Gelächter von Aussen, S.141)
Der Leser: Heißt das, daß Sie Frau Holzer und
ihre Arbeit in Schutz nehmen, wo doch Ihre Erben, Herr Graf, sich
gegen eine Verwendung der Texte ausgesprochen haben?
Graf: „...wir müssen alles rasch hinter uns bringen!
(Gelächter von Aussen, S.379)
Der Leser: Sie stellen also Ihre Texte einfach zur Verfügung?
Graf: „Was kann schon sein? Ich mach´s!" (Gelächter von
Aussen, S.376)
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