der entwurf des olympiaparks
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"Olympiade im Grünen und Olympiade der kurzen Wege",
unter diesem Motto stand die Bewerbung Münchens für
die Olympischen Spiele 1972. Nicht zuletzt wegen dieser stadtplanerischen
Vorgabe wurden am 26. April 1966 die Spiele der XX. Olympiade
an München vergeben. Eine Endscheidung, die bis heute
wohl kaum jemand bedauert hat, ebenso die Auswahl des verdienten
Siegers des 1966 ausgeschriebenen bundesoffenen Architektenwettbewerbes:
dem Büro "Behnisch und Partner" aus Stuttgart.Denn wer
hat nicht schon des öfteren diesen besonderen Park mit seinen
charakteristischen Zeltdächern bei unterschiedlichsten Anlässen
genossen und zahlreichen Freitzeitvergnügen gefrönt? Ob
als kleiner FC Bayern-Fan an Vatern's Hand im Fußballstadion,
als Teenager mit der ersten Freundin beim 5-Tagerennen, den 'Pop
und Rock' Konzerten im Stadion oder der Besuch des Theatron auf
der Seebühne mit seinen kostenlosen Open Air Musiksommer;
dann als Student das regelmäßige Training in der ZHS
(Zentraler Hochschulsport) in dem Olympischen Dorf und der sommerliche
Genuß des Tollwood-Festivals. Hip ist zur Zeit auch die
"Action Area" mit Halfpipes oder Fun-Parcour für Inlineskater,
Snake- und Skateboarder... . Es gibt wohl auch kaum einen
Tourist, der die Adventure-Tour "On the track of the stars"
unter den weltberühmten Dächern oder die Besteigung
des Olympiaturms mit gemütlicher Rast im sich drehenden
Restaurant mit Blick auf die Alpen ausläßt. Genau
diese vielseitige Nutzung wurde bereits in der Wettbewerbsaufgabe
1966 angestrebt: "Ziel des Wettbewerbes ist es, für die
XX. Olympischen Spiele 1972 in München einen würdigen
städtebaulichen und architektonischen Rahmen zu finden und
für die spätere Nutzung der einzelnen Anlagen die funktionell
und wirtschaftlich beste Lösung zu gewinnen..." München
war in der seltenen und glücklichen Lage, knapp vier km
nördlich des Marienplatzes das unbebaute ehemalige Militärübungsgelände,
den späteren Flugplatz Oberwiesenfeld, mit 280 ha für
die Olympiabauten zur Verfügung stellen zu können. Das
Programm des Wettbewerbs beinhaltete ein Olympiastadion, Sporthalle,
Schwimmhalle, Radstadion, Volleyballhalle und Trainingsanage
für Leichtathletik sowie das Olympische Dorf. Weitere Wettkampfstätten
befanden sich außerhalb des Oberwiesenfeldes. Zu berücksichtigen
waren neben der Planung der Sport- und Wohnanlagen auch deren
Nutzung nach den Spielen, die Systeme für den öffentlichen
und individuellen Verkehr, die Grünstruktur und der das
Gelände durchfließende Nymphenburger Kanal sowie der
vorhandene Schuttberg. Wenn auch sehr schnell der Entwurf des
Büros Behnisch als der künstlerisch und städtebaulich
innovativste und herausragendste erkannt wurde -vorallem die
in dem Projekt realisierte Einbeziehung der Sportstätten
in eine bewegte Landschaft mit "überzeugender heiteren
und gelösten Atmosphäre der Architekturlanschaft"
wurde belobigt-, so hatte man doch erhebliche Bedenken an der
Durchfürbarkeit der kühnen Dachkonstruktionen mit leichtem
Flächentragwerk. Vorgesehen war eine durchsichtige Dachhaut
aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe unter ein Seilnetz zu hängen,
nach dem Prinzip des Zeltdaches des Deutschen Pavillons für
die Weltausstellung 1968 in Montreal. Behnisch beschrieb seine
Gedankenkette folgendermaßen:"Die Überdachung schützt
einen Teil der Landschaft. Sie ist kein Dach, sie ist aus der
Forderung nach Regenschutz und aus konstruktiven Zwängen
(sehr große Spannweiten) und nicht aus räumlichen
Vorstellungen entstanden. Deshalb: Räume sollen nicht entstehen." Während
den neuen Entwurfsarbeiten für eine realistisch durchführbare
Dachkonstruktion mußte aus zeitlichen Gründen parallel
mit den Bauarbeiten begonnen werden. Erst nach 8 Monaten wurde
eine neue Lösung gefunden, die jedoch von dem originalen
Wettbewerbsentwurf abweicht: Eine vorgespannte Seilnetzkonstruktion
mit darüberliegender Eindeckung aus Acrylglas. Sie läßt
statisch große Spannweiten und vielseitige Gestaltungsformen
zur Anpassung an die Arenen und das Gelände zu. Ein zugbeanspruchte,
hochfeste Stahlseil wurde zur Grundlage der Konstruktion. Diese
Seilnetzkonstruktion mit einer Gesamtfläche des Netzes von
75 000 mē und einer Maschenweite von 75 cm, was zusammen 500
000 Knoten ergibt, wird seit August letzten Jahres restauriert. Bei
Betrachtung dieses beeindruckenden Systems in den letzten Monaten
ist vielleicht dem ein oder anderen Besucher aufgegangen, daß
es sich bei den auf dem riesigen Zeltdach des Olympiastadions
herum kletternden und an Seilen gesicherten Männern weniger
um Teilnehmer einer neuen olympischen Disziplin handelt, noch
um eine neue Aktion von Christo. Vor ca. drei Jahren begann
die Planung der Baumaßnahmen und Reparaturen am Zeltdach
des Olympiastadions, der Olympiahalle und Schwimmhalle, als festgestellt
wurde, daß die Patina der weltberühmten Dächer
zu bröckeln begann. Mit Unterstützung von bereits 1972
mitwirkenden Architekten- und Statik-Büros aus Stuttgart
und einem Etat von 105 Mio. DM soll das Projekt bis zum Anfang
des neuem Jahrtausend abgeschlossen sein: pünktlich zum
30. Jubiläum wird es dann wieder in altem Glanz erstrahlen. Übrigens:
Die vom Besucher gesichteten Arbeiter, die in schwindelnden Höhen
auf den gigantischen Dächern balancierend die Reparaturen
ausführen, mußten tatsächlich zur Qualifikation
nicht nur alpine Erfahrungen, sondern auch eine Ausbildung zum
Bergführer vorweisen! Inzwischen ist das erste Dach, das
des Olympiastadion fertiggestellt. Anlaß für den Organisator,
tägliche "Fußball-Touren" durch das Stadion anzubieten,
allerdings mit dem Schwerpunkt "Zeltdach", was denn sonst? Irgendwie
muß man doch den Fußball wieder aufleben lassen.
Wenn es schon mit dem Fußballspiel selbst augenblicklich
nicht so recht gelingen mag, so doch wenigstens mit der "Mandorla",
dem über dem Feld schwebenden Heiligenschein des Fußballs. petra larass |