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wirklich
Eine Ausstellung junger Photographen im Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum
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„Ohne Zweifel ist die Welt eine völlig imaginäre, aber
eng verwandt mit der wirklichen Welt“ schrieb Isaac Bashevis
Singer. Das Verhältnis der photographierten Welt zur Wirklichkeit
ist das Thema der Ausstellung „Wirklich“ im Münchener Fotomuseum.
Sieben junge Photographen präsentieren ihre Auseinandersetzung
mit der Realität und stellen klar: Mit der Wirklichkeit
haben sie nichts am Hut. Das Konzept der Ausstellung wurde von der Museumsleitung mit den Münchener Photographen Eva Leitolf, Martin Fengel und Armin Smailovic gemeinsam erstellt. Diese luden weitere Ausstellungsteilnehmer hinzu. So entstand ein relativ heterogenes Gesamtgefüge, das dennoch auf gleichen Ausgangspunkten basiert: Es handelt sich durchweg um Bilder der unmittelbaren Gegenwart, die die Künstler inszeniert, gesammelt, arrangiert haben. Außer der Verwendung des gleichen Mediums beschränken sich alle auf die verfügbaren bildnerischen Mittel der Photographie. Technische Manipulation interessiert sie nicht, denn es genügt bereits der Akt der Abbildung um die Welt zu manipulieren. Insbesondere die Arbeiten von
Eva Leitolf verunsichern.
Sie zeigen Räume, leere Räume und Spuren der Abwesenheit.
Wer dort wohnt und wer den Raum verlassen hat, erfährt der
Betrachter nicht. Dann wird plötzlich eine monumentale Photographie
zum Teil des (Ausstellungs)raumes, die Wahrnehmung gerät
für einen kurzen Augenblick ins Wanken. Weist man den photographierten
Vorhang vorm Fenster wieder in die illusionäre Bildfläche
zurück, bleibt doch die Wirkung bestehen. | |
Bedauerlicherweise hat ein achter Photograph keinen Platz mehr
im Reigen gefunden. Die Arbeiten von Andreas
Mader hängen fernab in der sog. „Eingangsgalerie“
zwischen Treppenhaus und Aufzug. Die Trennung von der Sehweise
der anderen vollzieht sich aber auch durch sein Werk, das er
mit dem Titel „Die eigene Haut“ überschrieb (nach John Berger).
Photographiert hat er seine Freunde, die Menschen mit denen er
lebt. Sie schlafen, lachen, starren in die Leere, sehen in die
Kamera. Der Photograph spiegelt sich in ihrem Angesicht wider:
sie sind er, seine Welt; verändert er sich, verändern
sie sich mit ihm. Der intimen Selbstbespiegelung liegt ein Buch
bei, das poetische Briefe an die Dargestellten enthält.
Das unangenehme Gefühl, in private Sphären eingedrungen
zu sein vertauscht sich mit der Zeit in Einsicht: Nicht „nur“
seine Sicht der Welt, sondern den Photographen lernt man kennen. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der konzeptionell nicht nur dokumentieren, sondern auch als Buch funktionieren soll. Jeder Photograph hatte bei der Auswahl seiner Arbeiten freie Hand. Museal ungewöhnlich ist auch der beigegebene Essay des Filmkritikers Michael Althen, der die Werke von einer subjektiven Perspektive aus beleuchtet. Die Ausstellung ist bis zum 7.September im Münchner Stadtmuseum am Jakobsplatz zu sehen. Der Katalog kostet 28,- DM. Ein Großteil der Photographen sind im übrigen auch bei der Ausstellung „contemporary german photography“, die derzeit in der Galerie Wittenbrink in München zu sehen ist, mit Werken vertreten. | |
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