Trauriges Tibet |
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Szene aus KAMPF UM TIBET |
Von Axel Timo Purr
Wer einmal die Grenzen des chinesischen Reiches bereist hat, dürfte erstaunt, fasziniert und zugleich erschrocken sein, wie effizient die chinesische Regierung ihre Außenposten verwaltet. Unvorstellbare Summen fließen in den Ausbau der Infrastruktur, neuer Straßen und Hochgeschwindigkeitsbahnlinien, gewaltiger Solar- und Windenergieparks, die die Regionen nachhaltig verändern. Nicht nur siedeln sich Han-Chinesen aus dem Reich der Mitte in den prosperierenden Randregionen an und bereiten damit die Grundlage für die schleichende Auflösung der ethnischen Minderheiten, es werden auch Arbeitsstellen geschaffen – eine kombinierte Strategie, die schon das römische Reich erfolgreich einsetzte. Die chinesischen Meister-Strategen gehen seit kurzem sogar noch einen Schrift weiter: es wird nicht mehr nur nach Auflösung der Minderheitenkulturen gestrebt, sondern über gezielte finanzielle Zuwendungen die alten kulturellen Traditionen gefördert. Eine der Kernstädte des uigurischen Widerdstands etwa, das im westlichen China gelegene Kashgar, sah sich vor zwei Jahren plötzlich völlig baff diesem Strategiewechsel ausgesetzt: statt die Altstadt weiter zu demontieren flossen plötzlich Gelder an diejenigen Hausbesitzer im Altstadtkern, die bereit waren, ihre Häuser renovieren zu lassen. Damit werden nicht nur die zur Normalisierung der Situation wichtigen Touristen in die Region geholt und westliche Politiker beruhigt, sondern auch auf eine auf äußerst subtile Art und Weise der indigene Widerstand gespalten.
Ganz so weit wie in Kashgar ist die Entwicklung in Tibet noch nicht. Zwar verbindet auch hier eine Eisenbahnlinie inzwischen das Herz des Reiches mit seinem unzugänglichsten Außenposten, aber Pekings Politik folgt hier weiterhin dem unerbittlichen Kurs alter Tage und macht einmal mehr deutlich, dass es in der jüngeren Geschichte Tibets nie nur um einen Streit der Kulturen oder eine ideologische Auseinandersetzung zwischen Kommunismus und Buddhismus ging, sondern vielmehr immer auch handfeste politische, ökonomische und strategische Interessen der chinesischen Machthaber im Zentrum standen.
Die Tibet Filmtage 2015 versuchen deshalb vor allem die daraus resultierenden Konflikte und das Ringen des tibetischen Volkes um Freiheit und Menschenrechte transparent zu machen, wollen aber auch die traditionelle Kultur und die Spiritualität der Tibeter zeigen. Die Filmauswahl bietet deshalb sehr unterschiedliche kulturelle und soziale Facetten der Begegnung an.
Eröffnet werden die Filmtage mit Nowhere to Call Home von Jocelyn Ford. Der Film erzählt die Geschichte einer jungen Tibeterin, die mit ihrem kleinen Sohn ihr Dorf wegen persönlich schwieriger Umstände verlassen muss und nach Peking zieht. Aber auch dort erfährt sie Widrigkeiten, trifft dort aber auf die Filmemacherin Jocelyn Ford.
Kampf um Tibet von Shi Ming und Thomas Weidenbach zeigt ein außergewöhnliches Bild von Tibets Geschichte, Gegenwart und Zukunft und über die Beweggründe, die die chinesische Regierung nach Tibet führt.
In Let’s Talk about Free Tibet! von Sina Moser und Pia Pedersen trifft die Tibet-Unterstützerin Pia Pedersen im tibetischen Exil in Indien Menschen, die offen über die dramatischen Zustände in Tibet und über ihre Flucht erzählen.
Clemens Kuby ist ein Filmemacher, der sich schon in den achtziger Jahren mit der Lage in Tibet auseinandergesetzt hat. In Das alte Ladakh führt er in ein für uns unbekanntes Land, das im West-Himalya in 4800 Meter Höhe liegt und tibetisch sowie vom tantrischen Buddhismus geprägt ist.
In Tibet –
Widerstand des Geistes begibt er sich direkt nach Tibet und schildert, wie Tibeter versuchen, mit Spiritualität Widerstand gegen die chinesische Besatzungsmacht zu leisten.
Tigernase zeigt eine besondere Begegnung zwischen dem jungen Filmemacher LobsangTashi Sotrug und einem achtzigjährigen Tibeter, der 30 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht hat.
Nach den Filmvorführungen gibt es Gelegenheit zu Gesprächen mit den Mitarbeitern der »Tibet Initiative Deutschland – Regionalgruppe München« und damit die Möglichkeit, die filmischen Begegnungen um reale Begegnungen zu erweitern.
Die TIBET FILMTAGE 2015 fanden vom 17.-22.04.2015 im KIM – Kino im Einstein statt.