Abgang mit Stil

Going in Style

USA 2017 · 97 min. · FSK: ab 6
Regie: Zach Braff
Drehbuch:
Kamera: Rodney Charters
Darsteller: Morgan Freeman, Michael Caine, Alan Arkin, Joey King, Matt Dillon u.a.
Die berühmte Parkbank für ältere Herren

Die Freiheit, die sie meinen...

»Die Banken haben dieses Land praktisch zerstört, aber es hat nie Konse­quenzen für sie gegeben.« Die Banken schon wieder. So oft, wie Banken im aktuellen Kino zu Feinden, zum Bösen an sich werden, muss an diesem Urteil wohl irgend­etwas dran sein. Im richtigen Leben wollen Banken jetzt sogar Gebühren fürs Geld­ein­zahlen kassieren. In diesem Film reißen sie sich ohne Gewis­sens­bisse die wohler­sparte Rente dreier netter alter Herren unter den Nagel. Mit faden­schei­nigen Begrün­dungen, wie der, man habe ja schließ­lich »auf eine Zins­er­höhung aufgrund einer Refi­nan­zie­rung hinge­wiesen.« »Erinnern Sie sich überhaupt daran?«, fragt der zynische Finanz­be­rater dann noch maliziös nach – denn sein Gesprächs­partner ist Rentner.

Bisher waren die lebens­langen Freunde Willie, Joe und Al komplett geset­zes­treu – doch auf ihre alten Tage entdecken die Senioren nun, den bösen Banken sei Dank, den Charme der Anarchie. Getreu dem alten Sponti-Spruch »Die Freiheit, die ich meine, kommt nicht von alleine« und im Stil des Kleist-Helden Michael Kohlhaas, aber komö­di­an­tisch gefärbt, holen sie sich Gerech­tig­keit, wo das Recht ihnen Unrecht tut, und über­fallen jene Bank, die sie selbst vorher auf legale Weise ausge­raubt hat, um sich die Beute zurück­zu­holen.

Wie Robin Hood wollen sie die über­schüs­sige Beute den Armen spenden. Nur anfangs haben die drei ein paar Skrupel, als dann ihr Entschluss gereift ist, testen die alten Herren ihre Stres­staug­lich­keit zur Probe mit dem Diebstahl von Cordon-bleu-Zutaten im Super­markt. Ocean’s Eleven trifft Arsen und Spit­zen­häub­chen: Drei Rentner haben nichts mehr zu verlieren, darum haben sie ihren Spaß.

Regisseur Zach Braff ist nicht irgendwer. Vor 12 Jahren wurde er mit der großar­tigen melan­cho­li­schen Komödie Garden State im Nu bekannt. Danach hat er noch bei einem zweiten Film als Regisseur von den Befind­lich­keiten der eigenen Gene­ra­tion der »Thir­ty­so­me­things« erzählt: Wish I Was Here. Nun aber portrai­tiert er die Gene­ra­tion seiner Groß­el­tern.

Abgang mit Stil ist reprä­sen­tativ für ein neues Kinogenre, das in den letzten Jahren im Zuge des demo­gra­phi­schen Wandels des Kino­pu­bli­kums boomt wie wenige andere: Man kann es mal salopp als Senioren-Anar­chismus-Genre bezeichnen: Man nehme berühmte, publi­kums­wirk­same, alte Darsteller und lasse sie möglichst junge, unver­nünf­tige, wilde Dinge tun. Etwas ange­strengt sollen diese Filme gute Laune verbreiten und dabei auch noch darauf hinweisen, dass graue Haare zu haben noch nicht Demenz bedeutet. Oder doch irgendwie? Jeden­falls sieht man dann alte Leute, die vor allem Gras rauchen, pubertäre Witze reißen und wilden Sex haben.
Wenn man im Alter wirklich wieder zum Kind wird, muss man sich ja auch nicht mehr an Regeln halten – und das auf der Leinwand mitan­zu­sehen, ist immer gut für einen ange­nehmen Unter­hal­tungs-Spaß.

»Drei alte Säcke wollen es es also nochmal wissen« – so könnte man diese Geschichte natürlich erzählen. Und läge nicht ganz falsch, was die Haupt­dar­steller Morgan Freeman, Michael Caine und Alan Arkin angeht, die zusammen immerhin auf 251 Lebens­jahre kommen. Aber Caine, Freeman und Arkin sind eben auch wunder­bare Darsteller, die allein den Film­be­such wert sind, und da keiner von uns jünger wird, gibt dieser Film auch jedem Zuschauer Hoffnung fürs Alter.
Mit der Lage der Senioren setzt sich dieser Film aller­dings auch ernsthaft und kritisch ausein­ander: Warum bleibt von der Alters­si­che­rung nichts übrig?

Ebenso wie Gesell­schafts­kritik ist Abgang mit Stil aber auch ein anti­ka­pi­ta­lis­ti­sches Manifest. Denn nicht Pech oder Zufall, sondern haltlose Speku­la­tion und gewis­sen­loses Gewinn­streben vernich­teten die Erspar­nisse der drei netten Alten.

Nun also lassen sie sich nicht mehr alles gefallen, sondern kämpfen um ihr Recht. Am Ende wird die Enkel­ge­ne­ra­tion zu ihren Verbün­deten. Diese Jungen könnten eines Tages eine bessere Gesell­schaft bilden, in der Mitmensch­lich­keit keine Schwäche mehr ist, sondern eine Stärke. Viel­leicht ist ja auch das ein Stück Hoffnung.