USA 1999 · 91 min. · FSK: ab 16 Regie: Louis Morneau Drehbuch: John Logan Kamera: George Mooradian Darsteller: Lou Diamond Phillips, Dina Meyer, Carlos Jacott u.a. |
Prolog. Diesmal nicht im Himmel, sondern auf Erden. Da sind zwei junge Menschen in einem Auto, ein junges Liebespaar, es geht um eine andere Frau, der Mann verspricht, daß er mit dieser nie etwas gehabt hat, noch haben wird, wir können uns also zurücklegen, auf den Rücksitz steigen. Aber halt, (er) ich hole noch schnell ein Bier aus dem Kofferraum, dann wird vieles leichter gehen. Ich steige aus dem Wagen, trage Cowboystiefel und ein Westernhemd, ich bin ein Amerikaner, der nachts mit seinem Mädchen unterwegs ist. Hier bin ich, wie ihr an meinem Äußeren erkennen könnt, im Süden der Vereinigten Staaten, es hätte so ein schöner Abend werden können.
Doch dann bricht die Hölle los. Verliebte und Verliebter haben gegen bedeutende moralische Imperative verstoßen (Zweisamkeit in der Dunkelheit, das Bier, die latente sexuelle Komponente, die bestimmt gleich manifest werden wird). Das ist zu viel des Guten, des Schlechten, was auch immer, das hier ist ein Horrorfilm, eigentlich sollte es sich bis New Mexico durchgesprochen haben, daß man die Regeln respektieren sollte, zumindest in diesem Genre. Die Strafe folgt auf dem Fuße. Blut spritzt, im Wagen werden die Liebenden in ihre elementaren Teile zerlegt. Ende des Prologes, die menschliche Tragödie / Komödie darf beginnen.
Bats ist ein weiteres Kapitel aus der Reihe »Irrungen Wirrungen – Die Wissenschaft und das außer Kontrolle geratene Experiment«. Der Regisseur heißt Louis Morneau und der Name ist Programm. Streicht man das n heraus ist man bei Moreau (kann das Zufall sein?), dem Typen, der 1977 in der wohl besten Verfilmung des Klassikers »The Island of Lost Souls« von H.G. Wells, auf einer einsamen Insel lustigen Spielchen mit der lokalen Fauna nachgehen durfte. Dr. Moreau züchtete (ich weiß nicht wie / bitte nicht zu Hause nachmachen) aus wilden Tieren Menschen, was dann natürlich zu allerlei Komplikationen führte und dem Doktor, gespielt von Burt Lancaster, das Leben kostete, weil sich die mißglückten Experimente irgendwann gegen ihren Schöpfer auflehnten.
In Bats trägt der vermeintliche Wissenschaftler, den die Welt nicht recht verstehen mag (und der die Welt irgendwann auch nicht mehr versteht) den Namen McCabe. Ihn plagen letztlich dieselben Sorgen. Seine mit Viren infizierten und zu Kampfmaschinen mutierten Fledermäuse revoltieren wie die Freud´sche Urhorde gegen den Vatergott und werden ihn später genüßlich über den Jordan bringen (Sein letzter Satz: »Ich kann sie kontrollieren, ich kann sie kontrollieren...«). Na ja, wenn gehobelt wird, fallen Späne...
Wo es einen durchgeknallten Wissenschaftler gibt, findet man garantiert auch einen sehr vernünftigen. Dr. Sheila Casper personifiziert das Gute, das Mutige im Akademiker. Nach den ersten paar Morden holt man sie aus der Höhle des Löwen (hier: der Flugmaus) in der sie, ihrer Berufung als Fledermausexpertin nachkommend, Beobachtungen und Studien durchführt. Sie wirkt ein bißchen wie Matthew Broderick, der seine Regenwürmer verlassen muß, um im fernen New York gegen andere unvermutete Nebenwirkungen der menschlichen Neugier (hier: Atombombe) zu kämpfen. Er und Sheila sind gleichsam der Diskurs, der eintreten muß, wenn die moderne Tiermedizin mit ihrem Latein am Ende ist.
Zusammen mit ihrem Assistenten und dem örtlichen, Zigarre rauchenden Sheriff (ein bißchen kleinstädtisch, aber mit einem großen Herzen und dem unbedingten Willen nach menschlicher Gerechtigkeit) macht sie sich auf, dem entfesselten Flugmaus-Kollektiv den Garaus zu machen.
Das schafft Probleme. Die Viecher sind sehr sehr intelligent und gefährlich. Schließlich wurden sie im Auftrag der amerikanischen Regierung gezüchtet. Wertarbeit also. Fox Mulder hätte seinen Spaß bei diesem Film, weil sich alle Verschwörungstheorien (mal wieder) bestätigt sehen.
Die Zeit drängt, denn der Virus ist auf Artgenossen übertragbar, mit hochmoderner Technologie wird ausgerechnet, daß das fliegende Ungeziefer innerhalb weniger Monate das Land der Freien und Mutigen ins reine Chaos stürzen kann. Mit Pistolen, Flammenwerfern und Elektroschocks schlagen sich die Guten, die Gerechten eine Schneise durch das Heer der beißwütigen, biologisch abbaubaren Kampfjets (was als durchaus legitim zu betrachten ist, schließlich fällt ein ganzes Kontingent der vereinigten Streitkräfte dem »kleinen Problem« der Wissenschaft zum Opfer).
Der Weg zum Licht führt die Retter der Welt durch knietiefen Fledermausscheiße, obendrein kündigt die Regierung an, man werde das Katastrophengebiet mit Raketen und Giftgas (!) einfach von der Landkarte auslöschen. Tja, niemand hat gesagt, daß es leicht werden würde. Bats wird es niemals zu redundant, den geneigten Zuschauer auf den Ort des Geschehens hinzuweisen: Galupp, New Mexico, das Ende des Highway 666, dort wo Mickey und Mallory Knox einst im Stone´schen Oeuvre ihre Runden drehen durften. Wir befinden uns also nicht nur in der Hölle, wir befinden uns in ihrem Zentrum, da, wo es am heißesten ist. Das Rettungsteam befreit die Menschheit und den Erdball dann auch von der Plage, indem sie den Ruheplatz einfriert (kein Witz / 5 Grad: Winterschlaf – unterhalb von Null Grad: die Maus fällt von der Stange...). »Those who break the law go back to the house of pain« trichterte schon Lancaster, alias Dr. Moreau, auf seiner Insel den Tiermenschen ein. Auf geht´s zum Showdown in die Eishöhle.
Bei dem lustigen Thema inszeniert Morneau doch immer sehr ernst, was natürlich die wirklich guten Lacher mit sich bringt. Die Figuren werden immer ins harte Seitenlicht oder ins dezente Licht von Unten gesetzt, um die Atmosphäre des Unheimlichen wirklich auf die Spitze zu treiben. Dabei dürfen sie mit wissenschaftlicher Seriosität, Akribie und Korrektheit über die phantastischsten Szenerien diskutieren. Dazu Wörter wie »Hochgeschwindigkeitsmodem« und Schutzanzüge aus Raumfahrtstoffen, die Symboliken triefend von Pathos. Bevor die Nacht kommt, werden noch schnell ein paar Wolkenbilder im Zeitraffer eingeschnitten (Kinder, wie die Zeit vergeht / unsere Zeit läuft ab), um zu zeigen, daß man alle Klischees im Vorfeld sehr genau studiert hat. Ein bißchen Selbstreflexivität bietet allein das örtliche Kino, wo gerade Nosferatu läuft.
Wer Horrorfilme Filme mag, wird vermutlich seinen Spaß haben. Morneau zeigt Mut, wenn er nach Scream weiterhin alle Konventionen seines Genres erfüllt. Und naturwissenschaftlich wertvoll ist der Film allemal. Mit dem Schnitt wird sogar das Verhalten des gemeinen Flughundes imitiert. Wenn der an einem Baum hängt und sich ein Freßfeind nähert, dann fliegen alle Flughunde auf einmal in die Luft und der arme Angreifer weiß nicht, welches Opfer er zuerst vernaschen soll, so daß er am Ende leer ausgeht. In Bats machen die Bilder das selbe, wenn es hart auf hart kommt und die listigen Mäuse angreifen. Dann wird die Montage ganz zeitgemäß so schnell, daß man am Ende gar nicht mehr weiß, ob und vor allem was man eigentlich gesehen hat.
Und, da war doch noch was... Ach ja. Das obligatorische Ende. Etwas bleibt zurück. Und tatsächlich wühlt sich eine letzte Fledermaus aus dem Boden in die frische Luft New Mexicos. Die Kamera geht ganz nah zu ihr hin, fängt ihr widerliches kleines Gesicht in Großaufnahme ein und der Kenner weiß sofort, ja, das ist eine Flugmaus, die hätte alle Potentiale und Qualitäten um der große Star im Sequel zu werden. Das Tier freut sich, den neuen Vertrag schon in der Tasche. Wenn, ja wenn, sie der Reifen des Jeeps nicht geplättet hätte.