USA 2000 · 133 min. · FSK: ab 12 Regie: Julian Schnabel Drehbuch: Cunningham O'Keefe Kamera: Xavier Pérez Grobet Darsteller: Javier Bardem, Olivier Martinez, Johnny Depp, Guillermo Rosas, Andrea di Stefano u.a. |
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Dunkle Gestalt |
Reinaldo Arenas, schwuler Schriftsteller aus Kuba, gefördert und schon kurz darauf verfolgt von Castros Regime, ist der Held von Julian Schnabels zweitem biografischen Spielfilm (nach dem Portrait seines Künstlerkollegen Jean Michel Basquiat). 1943 geboren, wuchs Arenas im Oriente, einer ländlichen Gegend, in Armut auf und wurde auf Grund seines literarischen Talents nach dem Sturz Batistas von der neuen, aufbruchsbereiten Regierung gefördert. Doch nach kurzer Blütezeit der Künste setzte ein politischer und moralischer Backlash ein: sein kritischer Geist und seine nicht verheimlichte Homosexualität machten den Schriftsteller zur missliebigen Person. Die Veröffentlichung eines heimlich außer Landes geschmuggelten Werkes verhalf ihm zu internationaler Anerkennung, die falschen Anschuldigungen einiger Straßenjungen brachten ihm nach einem Fluchtversuch und mehrmonatigem Versteck im Park eine zweijährige Zuchthausstrafe ein.
Basierend auf der posthum 1993 erschienenen Biographie des an AIDS erkrankten Arenas' und seinem literarischen Werk verfolgt Julian Schnabel die Lebensgeschichte eines eigenwilligen Künstlers, wobei er die Jugendjahre und die letzten Jahre in New York nur streift: der Schwerpunkt liegt auf den Erlebnissen des erwachsenen Autors und seinem Kampf zwischen politischen und gesellschaftlichen Restriktionen und der Freiheit seiner Kunst. Dabei ist durchaus spürbar, dass Schnabel, der als Maler bekannt wurde, bevor er sich der Regie zuwandte, sehr auf die Botschaft der Bilder vertraut und die gewünschten Stimmungen und Vorgänge, sei es nun in Spiel- oder visionären Szenen, gekonnt inszeniert. Die eher aus einzelnen Episoden als einer stringenten Erzählung zusammengesetzte Biographie wird zusammengehalten durch die beeindruckende Präsenz des Darstellers Javier Bardem, der gerade im spanischen Film Montags in der Sonne in deutschen Kinos zu sehen ist.
Von den einen als überfälliges Meisterwerk über die Schattenseiten Kubas und die in ganz Südamerika vorkommenden Repressions-Mechanismen gefeiert, von den anderen als manirierte Feier des schwulen Lebens kritisiert, bietet Before Night Falls Stoff für Kontroversen. Seine Bildgewalt kontrastiert mit den Auslassungen der Erzählung, und die Kurz-Auftritte nicht stromlinienförmiger Schauspiel-Stars wie Sean Penn und Johnny Depp (in einer irritierenden Doppelrolle) brechen den Realismus, der durch die übrigen Spieler vermittelt wird.
Die US-amerikanische Produktion wurde in Mexiko mit internationaler Besetzung auf englisch gedreht: beim amerikanischen Kinostart riefen die deutlichen Akzente der Darsteller einige Irritation hervor. Deshalb wohl bedient sich der deutsche Verleiher einer spanischsprachigen Synchronfassung für seine untertitelte Originalversion. Damit werden Puristen beide Mankos eines nicht Original gezeigten Filmes zu spüren bekommen: fehlende Lippensynchronizität und irritierende Untertitel. Wenn man allerdings, wie der Großteil des Publikums, in der glücklichen Lage ist, dies zu tolerieren, erwartet einen eine interessante Bild-Biographie, bei der Regisseur Schnabel die Faszination, die Arenas auf ihn ausübt, überzeugend vermittelt.