USA 1996 · 110 min. · FSK: ab 12 Regie: Tom DiCillo Drehbuch: Tom DiCillo Kamera: Paul Ryan Darsteller: John Turturro, Sam Rockwell, Catherine Keener |
Al ist ein Pragmatiker in der Sinnkrise. Als er überraschend ein paar freie Tage geschenkt bekommt, läßt er sich, ganz entgegen seinem Naturell treiben, und findet, auch durch eine neugewonnene Freundschaft zu dem naiven Aussteiger Kid, wieder Freude am Leben.
In »Pu, der Bär« ist der Wald einmal voll von sanften Klängen, die dem Bären etwas einzuflüstern scheinen: »Don’t listen to Rabbit, listen to me!« Der Bär freilich hört die Weisung recht gerne, denn es ist ein warmer Sommernachmittag, und Rabbits Rede ist ernst und wichtigtuerisch.
Al Fountain (John Turturro) scheint Rabbit aber allzu lange und allzu oft zugehört zu haben, denn es dauert eine ziemliche Weile, bis er überhaupt mal merkt, daß es Sommer ist. Er ist Ingenieur für Elektro-Installationen, ungeliebt von seinen Untergebenen, unbeirrbar in seinem Beharren auf Pünktlichkeit und Disziplin in Arbeitswelt und Familienleben. Sein durchgeplantes, humorloses Dasein wird jäh erschüttert: Al entdeckt das erste graue Haar an seiner Schläfe. In der Folgezeit hat er seltsame Erscheinungen, denn er nimmt verschiedene Handlungsabläufe rückwärts wahr. Diese Halluzinationen verwirren ihn so sehr, daß er, als seine Baustelle – fern von daheim und dennoch in einer Gegend, die er aus seiner Kindheit kennt – plötzlich vorzeitig aufgelöst und Al ausbezahlt wird, nicht pflichtschuldigst zu Frau und Sohn zurückfährt, wie diese es von ihm gewohnt wären. Stattdessen nimmt er sich einen Leihwagen und macht sich daran, die Umgebung zu inspizieren. Die neu gewonnene Bekanntschaft mit einem unbedarften Aussteiger, namens Kid (Sam Rockwell), dessen Auto den Geist aufgegeben hat, vermag ihn noch länger aufzuhalten. So hilft Al zähneknirschend bei Kids Autotransport und verbringt, erst unfreiwillig, dann mit Wonne, ein paar Tage mit seinem neuen Freund, wobei sie sich klassischen sommerlichen Genüßen hingeben: Im Waldsee baden, Tomaten vom Nachbarn klauen, Streiche spielen und den Bullen ein Schnippchen Schlagen, Frauen kennenlernen. Kid hat dabei Gelegenheit in seinem leicht kindlichen Leben außerhalb der Normen – ohne Führerschein und Versicherungskarte – durch Al endlich mal wieder die Stimme der angeblichen Vernunft zu vernehmen, und Al hört die sanften Töne des Waldes wieder, was ihm sichtlich gut tut. Nachdem er in seiner alten Baustelle die Scheiben eingeballert hat, nachdem er seine Frau betrogen hat, nachdem er seinen Lohn für guten, alten Spaß verplempert hat, kann Al schließlich geläutert zu seiner Familie zurückkehren, um dort ein besserer Ehemann und Vater und Pu zu sein.
DiCillo hat vor einiger Zeit durch seine Satire Living in Oblivion nachhaltig erfreuen können, nun ist er wieder, ohne Schaden zu nehmen, zur nachdenklichen Gemächlichkeit zurückgekehrt. Die Präsentation seiner neuen Hauptfigur bleibt satirisch, doch spottfrei. John Turturro spielt diesen verkrampften Prinzipienreiter in seiner Unsicherheit derart mitleiderweckend, daß es fast schon versöhnlich zu stimmen vermag mit all den schlechtgelaunten Stoffeln und Haarespaltern, die uns tagtäglich anhupen, anmaulen und anstänkern.