Hongkong 1994 · 102 min. · FSK: ab 12 Regie: Wong Kar-Wai Drehbuch: Wong Kar-Wai Kamera: Chris Doyle Darsteller: Brigitte Lin, Takeshi Kaneshiro, Tony Leung, Faye Wang u.a. |
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Reflektion der Großstadt |
Den Weg in die deutschen Kinos finden nur wenige Filme aus Hongkong. Aus dieser Sicht ist ein Vergleich mit anderen Produktionen aus dieser noch englischen Provinz schwierig. Es scheint, als müßte das Leben in den letzten Jahren vor der chinesischen Übernahme schneller fließen. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, daß dieser Film seine durchaus poetischen Stellen nicht in Ruhe entfalten kann.
Es gibt viel Bekanntes zu sehen in diesem Film. So erinnert die Exekution ihrer Auftraggeber durch die Frau ohne Namen, welche wiederum ihre Entsprechung in Melvilles Le Samurai findet, an Quentin Tarantino, dessen Name allerdings zur Zeit wohl in allen Filmbesprechungen auftaucht, in denen Gute wie Böse den Tod durch eine Kugel finden. Dann ist da natürlich der Vergleich zu Godard, was nur deutlich macht, daß auch der größtenteils unmotiviert rasante Schnitt und die inflationäre Verwendung der Handkamera keine Erfindungen des Regisseurs Kar-wai sind. Desweiteren ist da noch die Verwendung der Farbe als Metapher für Veränderung und verschiedener Zeitebenen in einer Bildebene für das Verstreichen der Zeit, was den Eindruck hinterläßt, beim Zappen zwischen zwei MTV-Clips geraten zu sein.
Warum müssen in Chungking Express gleich zwei voneinander getrennte Geschichten erzählt werden? Der Versuch, eine gescheiterte Liebe zu erhalten, ist der Plot der ersten Episode, die Unfähigkeit, eine endlich gewonnene Liebe auch zu leben, finden wir im zweiten Teil des Films. Situationen, die wir selber kennen und deren Entsprechung wir bereits vielfältig auf der Leinwand betrachten konnten. Dennoch, zu den Akteuren in Chungking Express finden wir keinen Zugang. Die Personen bleiben undurchschaubar und aussagelos wie Seriennummern und Verfallsdaten. Vielleicht tauchen daher die Polizeinummern 233 und 662 immer wieder in den Monologen auf, die durch unprofessionelle Synchronisation leider erheblich an Wirkung und Aussage verlieren. Hier mangelte es wohl dem Verleih »Kinowelt« an der in diesem Fall unbedingt nötigen Courage, uns diesen Film mit dt. Untertiteln zu präsentieren. Was wären dies für schöne Filme geworden, hätte sich Kar-wai Zeit gelassen, seine poetischen Trümpfe auszuspielen. Die Vorstellung, daß eine unglücklich verliebte, fremde Frau mittels eines Zweitschlüssels die Einrichtung der Wohnung ihres Angebeteten verändert, welcher diese Neugestaltung seines Wohnraums als völlig normal ansieht, ist Stoff für 90 Minuten. Aber wir nehmen ihm die Art nicht ab, wie er sich mit seinem neuen Interieur tröstet. Leider wird diese eigentlich schöne Idee durch ein Zuviel an Dialog zunichte gemacht. Weniger Worte, mehr Ruhe, und der Stoff von Chungking Express hätte für zwei programmfüllende Filme gereicht. Trotz alledem kann man hoffen, daß der nächste Film Kar-wais wieder einen Verleiher in Deutschland findet.