Großbritannien 2005 · 100 min. · FSK: ab 18 Regie: Neil Marshall Drehbuch: Neil Marshall Kamera: Sam McCurdy Darsteller: Shauna Macdonald, Natalie Mendoza, Alex Reid, Saskia Mulder, Nora Jane Noone u.a. |
Sechs Frauen gehen in eine tiefe, dunkle Höhle, und längst nicht alle von ihnen, dazu braucht es keine große Fantasie, werden zurückkommen. Neil Marshalls furioser Fantasy-Thriller The Descent ist eine Eskalationsgeschichte, ein Schocker mit eiskalten Engeln und Liebe zum apokalyptischen Lebensgefühl.
Sechs Freundinnen, von denen zumindest eine seit einem schrecklichen Unglück schwer traumatisiert ist, dringen bei einem gemeinsamen Extremurlaub in eine unerforschte Höhle ein. Im stockdunklen Abgrund begegnen sie bald ihren inneren Abgründen – »descent« heißt im Englischen ja nicht nur Abstieg, sondern auch Abstammung –, dann wird ihnen plötzlich durch einen Erdrutsch der Rückweg abgeschnitten. Psychologisch intensiv inszeniert Marshall Klaustrophobie pur, zugleich ist der Trip ins Unbekannte die Metapher für die notwendige Vergangenheitsbewältigung einer der Hauptfiguren.
Mit Natalie Mendoza (Moulin Rouge, Code 46), Alex Reid und Shauna MacDonald ist der Film mit einigen der vielversprechendsten Jung-Stars des angelsächsischen Kino besetzt. Und bis auf die Tatsache, dass ausgerechnet Juno, die einzige Asiatin der Gruppe als besonders mysteriös und egoistisch beschrieben wird, macht auch Regisseur Marschall alles richtig – im Gegensatz zu seinen Figuren. Erstaunlich wirkungsvoll schlägt dieser britische Film, eine feministische Version von John Boormans legendärem Deliverance (dt.: Beim Sterben ist jeder der Erste) aus banalen Dingen Funken, und zeigt wie das anfängliche Girl-Bonding am Gegensatz zwischen Mensch und Natur zerbricht. Nachdem die Spannungen im Team genüsslich entfesselt wurden, dreht sich der zunächst kühl realistische Psychothriller im zweiten Teil ins Phantastische: Kannibalische Höhlenmenschen tauchen auf – in den USA hausen bekanntlich Menschenfresser –, und zwingen die Gruppe wieder zusammen. Der folgende extrem spannende und völlig ohne die Hollywood-üblichen Zynismen inszenierte Überlebenskampf sowie das doppelbödige Ende beweisen, dass Misstrauen, Wut und Angst die größte Gefahr und dass Frauen auch keine besseren Menschen sind.