USA 2009 · 95 min. · FSK: - Regie: Lynn Shelton Drehbuch: Lynn Shelton Kamera: Ben Kasulke Darsteller: Mark Duplass, Joshua Leonard, Alycia Delmore, Lynn Shelton u.a. |
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Männergespräch |
»Könntest du oder würdest du«, fragt Andrew (Joshua Leonard) seinen alten College-Freund Ben (Mark Duplass) nach einer durchzechten Nacht und dieser antwortet entschlossen: »Ich würd’s tun.« Worum es hier geht? Ganz einfach, es geht um Sex. Aber das ist nicht alles. Es geht um Sex zwischen Andrew und Ben – oder anders: es geht um die Schaffung eines Video-Kunstwerks, bestehend aus Sex zwischen Andrew und Ben. So jedenfalls sehen es die beiden Hetero-Freunde, die sich im Taumel einer orgiastischen Party-Nacht für das lokale Humpfest (sinngemäß: Bums-Fest), ein Amateur-Porno-Festival, angemeldet haben.
Auf diese wenigen Sätze verkürzt, klingt Humpday fast zwangsläufig wie das postpubertäre Abenteuer zweier Infantiler in einem Dschungel der Peinlichkeiten und rotzigen Zoten. Doch weit gefehlt, denn der unaufwendig inszenierte Independent-Film entfernt sich geradezu maximal von der bekannten, auf holperige Pointen ausgerichteten American-Pie-Rezeptur Hollywoods. Dabei gelingt es Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin Lynn Shelton (selbst in einer Nebenrolle auf der Leinwand zu sehen) nicht nur, den bisweilen kindlichen Charme ihrer Protagonisten in ein Dauergrinsen auf Seiten des Zuschauers zu verwandeln. Sie entwickelt aus ihren Figuren Charaktere jenseits des anfänglichen Mann-Mann-Maochogehabes, die bei aller Komik auch den ernsthaft reflektierenden Blick auf ihre verschiedenen Lebenswege nicht verlieren. Während Ben nämlich verheiratet ist und mit seiner Frau Anna (Alycia Delmore) auf die Gründung einer Familie hinarbeitet, hat der freakige Andrew in seinem bisherigen Leben kaum etwas Vergleichbares erreicht. Er ist ein durchgeknallter, vollbärtiger Weltenbummler, der morgens in New Mexiko aufsteht, um abends bei seinem alten Freund in Seattle zu sein. Die Rollen scheinen klar verteilt, Aussteiger trifft auf Kleinbürger. Doch dabei bleibt es nicht lange. Schritt für Schritt vollzieht sich ein Wandel der Persönlichkeiten, immer entlang der urkomischen Debatte, wer hier eigentlich wen und wie fi..., pardon, 'humpen' wird. Und während Ben aus seiner präfamiliären Lethargie ausbricht, sich an längst vergangene homosexuelle Regungen erinnert und den Humpday geradezu herbeisehnt, beginnt Andrew an seinem »Mr.-Motorcycle-Adventuring-Man«-Lebensentwurf zu zweifeln.
Gerade das Changieren zwischen den verschiedenen charakterlichen Facetten der beiden Protagonisten, wie auch der oft intime Wechsel von spitzbübischem Witz und Ernsthaftigkeit, geben Humpday eine Qualität jenseits der vielen plumpen Schenkelklopfer-Komödien der vergangenen Jahre. Lynn Shelton serviert uns ein Buddy-Movie mit echtem Tiefgang und setzt dabei auf ein ganz simples Rezept: die Dynamik der männlichen Natur, die unkalkulierbare Kraft von Hahnenkampf und Eitelkeit. In diesem Zusammenhang wirkt der Film stellenweise wie ein geschickt arrangiertes Experiment. Die denkbar simple Versuchsanordnung: zwei Typen, ein unerwartetes Wiedersehen, eine irre Idee. Bei dieser Konstellation generiert sich die Handlung fast von selbst, wird getragen von Bens und Andrews maskulinem Imponiergehabe und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, sich die Absurdität ihrer Idee einzugestehen. Lieber behaupten sie, ihr Vorhaben sei Kunst. Bringing back porn film to real art? Im Leben nicht!
Schließlich läuft alles auf diesen einen Tag zu: den Humpday. Die Szenerie: ein Hotelzimmer, sehr beige, sehr verschlagen, eine Kamera, die beiden Buddies mittendrin. Die Grenze ihrer Männlichkeit ist erreicht – und was nun? Ist das nun Kunst? Oder wie? In jedem Fall ist es »beyond gay« und in jedem Fall ist Humpday eine der sehenswerten Komödien des diesjährigen Filmfests München. Ansehen, lachen, fertig!
Auf dem Filmfest: Sa., 04.07., Filmmuseum, 22:30 Uhr