USA/J/TR/H 2016 · 122 min. · FSK: ab 12 Regie: Ron Howard Drehbuch: David Koepp Kamera: Salvatore Totino Darsteller: Tom Hanks, Felicity Jones, Irrfan Khan, Omar Sy, Ben Foster u.a. |
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Wer lange sucht, der findet irgendwann... |
Mit Kopfschmerzen wacht der Kryptologe und Symbolexperte Prof. Robert Langdon (Tom Hanks) eines Morgens in einem Krankenhaus in Florenz auf. Ein schweres Schädeltrauma hat sein Kurzzeitgedächtnis beschädigt, und so hat er keine Ahnung, warum eine Handvoll sinistre Gestalten offenbar stark an seinem Ableben interessiert sind: Noch im Hospital wird auf Langdon ein Mordanschlag verübt. Mit der feschen Ärztin Dr. Sienna Brooks (Felicity Jones) an seiner Seite, flieht er vor den Häschern und versucht nun herauszufinden, was er überhaupt in Florenz zu suchen hatte.
Die Bestseller-Romane des Amerikaners Dan Brown und die nach ihnen gedrehten Filme – zum dritten Mal spielt Tom Hanks diesmal bereits den Religions-Detektiv – haben einen bildungsbürgerlichen Anstrich: Es ist die große Kunst, ob Da Vincis Mona Lisa, Washingtons Architektur oder in diesem Fall die »Göttliche Komödie«, die hier den Ausgangspunkt einer akademischen Schnitzeljagd bilden, gewürzt mit religiöser Soße und eine kräftigen Portion Mystery.
So muss Langdon zunächst ein Bild enziffern, dann die gestohlene Totenmaske von Dante Alighieri, dem Verfasser der »Göttlichen Komödie«, finden. Dann geht es über Botticellis Karte der Kölle zu Vasaris Gemälde »Die Schlacht von Marciano« im Palazzo Vecchio, der wiederum zu einem Hinweis im Dom führt, der wiederum eine Reise nach Venedig und dann zum Erab des Venezianer Dogen in Istanbul... Und so weiter und so fort. Bis zu des Rätsels Lösung ist der Weg jedenfalls weit. Dabei wird er auch noch von kruden Erinnerungsfetzen und Visionen geplagt: »Humanity is the disease – Inferno is the killer« wispert ihm eine Stimme aus dem Irgendwo zu, geschundene Körperteile wälzen und Ströme von Blut ergießen sich in sein Hirn.
Hinter alldem stecken diesmal nicht mehr böse Machenschaften im Prä-Franziskus-Vatikan, sondern ein verrückter Wissenschaftler, der von der Weltherrschaft träumt und dafür erstmal den größten Teil der Weltbevölkerung ausrotten will – mittels eines tödlichen Virus. Der Mann, ein Schweizer Milliardär, der so schlau wie größenwahnsinnig ist, könnte glatt einem James-Bond-Film entsprungen sein.
Amnesie, Paranoia und eine Seuche sind die dramaturgischen Eckpfeiler dieses rasanten Thrillers, der unter der routinierten Regie von Ron Howard (Apollo 13) nie die eingefahrenen Schienen des Kinomainstream verlässt, auf denen aber ebenso glatt wie sicher in hohem Tempo dahingleitet, um nach genau 121 Minuten sein Ziel zu erreichen. Neben Hanks, der hier wieder einmal seine seriösere Seite zeigen kann, stechen Jones in der weiblichen Hauptrolle, Ben Forster als Oberschurke, Omar Sy als Geheimagent und die aus der Serie »Borgen« bekannte Sidse Babett Knudsen, hier als WHO-Chefin, hervor.
Wer lange sucht, der findet irgendwann, und so bekommt Robert Langdon im letzten Drittel des Films heraus, dass die berühmten Illustrationen des Malers Botticelli zu einer Buchausgabe von Dantes »Inferno« einen Schlüssel dafür bieten, wie man dem realen Höllenschlund der Seuche doch noch entgehen kann. (Wer besonders neugierig ist, kann sich ab Anfang November übrigens einen Dokumentarfilm zur Geschichte dieser Zeichnungen angucken: »Botticellis Inferno«).
Trotz religiöser Ornamente ist die Handlung in diesem Film alles in allem weitaus weltlicher, weniger höllisch als man vom Titel her erwarten mag. Andere Verbrecherbaden, sowie die Weltgesundheitsorganisation mischen in diesem globalen Spiel mit, dessen Terrordrohung erschreckend realistisch ist, und der die Protagonisten vor allem durch die schönsten Schauplätze Italiens führt, aber auch in die Türkei. Dort, wo der Film von der Vorlage abweicht, wird alles braver, familientauglicher und amerikanischer,
Insgesamt ist der Film ein gelungenes Spektakel, aber nicht wirklich bildungsbürgerlich, sondern eher für jene, die beim Namen Dante an den brasilianischen Fußballspieler denken, nicht unbedingt an den italienischen Autor. Man kann also selbst aus »Inferno« noch etwas lernen: Mit Bildung findet man sich in der Welt besser zurecht.