USA 2001 · 112 min. · FSK: ab 6 Regie: Jerry Zucker Drehbuch: Andy Breckman Kamera: Thomas E. Ackerman Darsteller: Whoopi Goldberg, Cuba Gooding Jr., Rowan Atkinson, John Cleese u.a. |
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John Cleese mit Biss |
Humor ist eine ernste Sache, sagt man und wer das nicht glaubt, braucht zum Beweis nur eine Diskussion über die Frage, wer oder was lustig ist, anzetteln. Mit einer ungewohnten Emphase beginnen dann plötzlich selbst streitfaule Menschen zu erklären warum z.B. Woody Allen oder Harald Schmidt oder die MTV-Show »Jackass« oder Helge Schneider oder Stefan Raab absolut zum Totlachen sind oder aber auch definitiv nicht.
Was im Kleinen schon zu Streit führt, ist im Großen nicht anders, weshalb
eine andere alte Weisheit, wonach Witzigkeit angeblich keine Grenzen kennt, sich immer dann als großer Unsinn erweist, wenn eine in ihrem Heimatland überaus erfolgreiche Kino- oder Fernsehkomödie hier in Deutschland keinen Anklang findet oder im Gegenzug das Ausland nicht über unsere Späße lachen kann.
Am massenkompatibelsten scheint da immer noch der amerikanische Humor oder besser gesagt, der Humor, der aus Amerika kommt. Denn auch Amerika ist weit davon entfernt ein einheitliches Verständnis davon zu haben, was einerseits Humor ganz grundsätzlich ist und wie dieser andererseits in gut und schlecht zu unterteilen ist.
Warum viele amerikanische Komödien trotzdem weltweit erfolgreich sind, kann man nun exemplarisch an Jerry Zuckers Rat Race lernen. Hier gilt: Alles eine Frage der richtigen Mischung.
Die Geschichte von Rat Race könnte nicht einfacher sein (war zudem so ähnlich schon in Filmen wie Eine total, total verrückte Welt zu sehen) und läßt deshalb keinen Zuschauer überfordert zurück. Der exzentrische Spielkasinobetreiber Donald Sinclair (John Cleese) wählt ein willkürliches Grüppchen von Menschen aus, um sie zu Teilnehmern an einem Rennen von Las Vegas ins 700 Meilen entfernten Silver City zu machen. Die einfachen Spielregeln: Es gibt keine Regeln und wer als erster ankommt erhält zwei Millionen Dollar. Unter Zuhilfenahme jedes nur erdenklichen Land- und Luftfahrzeuges beginnt umgehend die hektische Jagd der Teilnehmer, während sich der Milliardär Sinclair und seine spielbesessenen Freunde die Zeit mit abstrusen Wetten, unter anderem der, welches »menschliche Rennpferd« als erster ankommen wird, vertreiben.
Das kunterbunte Ensemble, das unabhängig voneinander von einer Katastrophe zur nächsten schlittert, bietet dem Regisseur Zucker dabei die Möglichkeit, alle Formen des Humors auszuspielen. Da ist der zurückhaltende, junge Geschäftsmann und die spontane und attraktive Pilotin, die in bester Beziehungskomödientradition zusammenfinden. Da sind die zwei halbkriminellen Brüder, beide nicht besonders clever aber voller entschlossenem Tatendrang, die für das Element der Teenie-Klamotte stehen. Da ist der herumkaspernde Rowan Atkinson, der mit schwerem italienischen Akzent wie ein überzogene(!) Kopie von Roberto Benigni wirkt und der mit trotteliger Slapstick mehr die Freunde von »Mr. Bean« als die von »Blackadder« bedient. Da ist der von Cuba Gooding jr. gespielte Footballschiedsrichter, den jeder wegen einer unglaublichen Fehlentscheidung hasst, der ausgerechnet in einem Bus voller Lucille Ball-Imitatorinen landet und dessen agile Darstellung an Komiker wie Chris Rock oder Chris Tucker erinnert.
Und da sind weiterhin Whoopi Goldberg und Lanai Chapman als ungleiches Mutter-Tochter Gespann, die auf Kathy Bates als verschrobene Eichhörnchenverkäuferin treffen und da ist der wie so oft wunderbare Wayne Knight als Organ-Transporteur, der nicht seine enorme Körperfülle, sondern seine ausgefeilte Mimik einsetzt, um einen zum Lachen zu bringen und da ist der stoische Assistent des Milliardärs, und, und, und.
In Rat Race ist wirklich für
jeden (Humor)Geschmack etwas dabei und erstaunlicherweise wirkt der Film als Ganzes trotzdem noch relativ geschlossen und nicht nur wie eine lose Nummernrevue.
Wen aber beim Namen des Regisseurs, Jerry Zucker, eine verschwommene Erinnerung an herzhaftes Lachen befällt, der ist in Rat Race ebenfalls gut aufgehoben. Denn vor allem in den Episoden mit John Cleese, der als gemeiner Exzentriker mit furchterregender Zahnreihe sein komödiantisches Talent endlich wieder einmal richtig ausspielen darf und der Geschichte mit John Lovitz als gestresstem Familienvater, der wohl das ausgefallenste Fahrzeug für sich in Anspruch nimmt, blitzt die Art von verrücktem Humor auf, die Jerry Zucker zusammen mit seinem Bruder David und ihrem Kompagnon Jim Abrahams in den 80ern berühmt gemacht hat und die in dieser Form heute leider kaum mehr im Kino zu sehen ist.
In der TV-Serien »Police Sqaud« (die Vorlage der Nackten Kanone-Reihe) und in Filmen wie Airplane!, Top Secret! oder Ruthless People zeigte das Gespann Zucker-Abrahams-Zucker damals eine ganz eigene Art von Humor zwischen albernem Klamauk, geistreichen Parodien, perfektem Timing, Chaos, perfidem Spott und absurden Späßen am Rande zum Surrealismus. Nur die Zusammenarbeit der drei erzeugte diese einzigartige Mischung, die bei Solo-Projekten wie Jerry Zuckers Ghost im Meer der Gefühle oder bei Jim Abrahams Hot Shots im Zuviel der Albernheiten unterging.
Doch jetzt bei Rat Race zeigt sich wieder diese abgründige Komik, wenn sich etwa Zimmermädchen um die Wette an Vorhangstangen festhalten, wenn John Lovitz in einem Barbie-Museum der etwas anderen Art landet oder im definitiv falschen Auto, im definitiv falschen Outfit, auf der definitiv falschen Veranstaltung, die definitiv falsche Ansprache hält.
Diese Gags bewegen sich oft nahe an der Grenze zur Respekt- und Geschmacklosigkeit, doch wer
das bereits an Filmen wie Top Secret! geschätzt hat, kommt auch hier auf seine Kosten. Wem das aber nicht gefällt, der findet hier sicher etwas anderes, was seinem Empfinden für witzige Unterhaltung entspricht.
Bedauerlicherweise gar nicht komisch ist dann der Schluß des Films, der eindeutig (in jeder Hinsicht) zuviel des Guten ist.