USA 2008 · 145 min. · FSK: ab 12 Regie: Michael Patrick King Drehbuch: Michael Patrick King Kamera: John Thomas Darsteller: Sarah Jessica Parker, Kim Cattrall, Cynthia Nixon, Kristin Davis, Chris Noth u.a. |
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Hingucker und It-Bags: Sex & der Catwalk New York |
Nur wenige Tage nach dem Start von Indiana Jones erwartet uns mit Sex and the City ein weiterer Kino-Hit des Jahres. Dessen Publikum dürfte zwar eine geringfügig andere Zusammensetzung haben, doch trotzdem haben beide Filme etwas gemeinsam: Gerne darf man sie zu den Erfolgsphänomenen medialer Populärkultur zählen. Mit dem kleinen Unterschied, dass sich letzteres erst vom kleinen Bildschirm auf die große Leinwand hocharbeiten musste.
Vier Jahre nach der letzten, sechsten Staffel der erfolgreichen Fernsehserie dürfen sich die zum größten Teil weiblichen Fans auf den Kinofilm zum TV-Ereignis freuen. Schon kurz nachdem „Sex and the City“ im September 2001 in Deutschland gestartet war, erfreute sich die Serie großer Beliebtheit und schaffte es sogar, Fernsehen in bestimmten Kreisen wieder zu einem Gemeinschaftserlebnis zu machen. Jeden Dienstag um Viertel nach neun, so heißt es, versammelten sich mit Prosecco bewaffnete Freundinnen, um die charismatische Kolumnistin Carrie Bradshaw und ihre treuen Geschlechtsgenossinen Miranda, Charlotte und Samantha auf ihrer Suche nach Liebe, Sex und Zärtlichkeit im Großstadtdschungel New Yorks zu begleiten. Offenherzig deklinierte die junggebliebene Frauengruppe ihre sexuellen Erfahrungen durch und sorgte so für Begeisterung bei einer weltweiten Fangemeinde. Natürlich lag das auch an den schrillen Outfits von Kostümdesignerin Patricia Field, die in jeder Folge für Eye-Catcher und It-Bags sorgte.
Obwohl eine Filmversion unmittelbar nach der letzten Staffel diskutiert wurde, scheiterte das Vorhaben an den Gagenforderungen der Darsteller. Doch wie so oft (man erinnere an den Spielfilm zur TV-Serie „Die Simpsons“ im vergangenen Jahr, die von den Machern jahrzehntelang abgelehnt wurde) kam es letztlich dann doch zur Vermarktung auch auf dem Kinosektor. Michael Patrick King, der bereits einige Fernsehfolgen inszenierte, hatte es sich zum Ziel gemacht, die Serie für einen Spielfilm zu adaptieren.
Während die insgesamt 96 TV-Episoden vom Finden der Liebe im aufregenden Beziehungszirkus des Big Apple erzählten, soll hier die Liebe bewahrt und festgehalten werden. Vier Jahre sind vergangen, in denen sich die Freundinnen feste und zum Teil festgefahrene Beziehungsmuster aufgebaut haben. Carrie und Mr. Big planen einen gemeinsamen Haushalt mit nur einem Namen unter der Klingel, Charlotte zieht mit ihrer Adoptivtochter die nächste Generation New Yorker Glamour-Girls auf, Miranda kämpft gegen das berufliche und private Burn-out-Syndrom, und Samantha hadert mit ihrer Entscheidung, sich nur mit einem Sexpartner vergnügen zu dürfen. Doch bei zwei Paaren schwankt das Beziehungsgerüst aufgrund schwerwiegender Vergehen auf männlicher Seite: Während Mr. Big kurz vor der Trauung einen Rückzieher macht, übt sich Mirandas Ehemann Steve im Seitensprung. Verzeihen ist schwer, sehr schwer, wenn die Enttäuschung einmal derart tiefe Wunden geöffnet hat.
Sex and the City ist Regisseur Kings erster Kinofilm – und man merkt ihm die Freude an der gestalterischen Freiheit an. Er nimmt sich viel Zeit, um sein Märchen über Freundschaft, Enttäuschung und das Verzeihen auszuführen. Eine halbstündige Episode stockt er auf zweieinhalb Stunden für die Leinwand auf. Das ruft naturgemäß die Kritiker auf den Plan, die Serien-Adaptionen verschreien. King aber gelingt nicht etwa ein Kinofilm zur Serie, sondern ein Spielfilm, der auf auf einer Fernsehserie basiert. Das ist ein großer Unterschied. So nimmt er sich an den richtigen Stellen Zeit für Ausführungen, die das Serienformat nicht zulassen würde.
Carries Wut, Enttäuschung und Leere beispielsweise werden besonders eindringlich geschildert. Hinter ihrem sonnenbrillenbedecktem Gesicht spielt sich ein schmerzhafter Gedankenprozess ab. Jede Zärtlichkeit des Partners während der gemeinsamen Zeit wird nachträglich angezweifelt. Wie ernst waren seine Gefühle? Und war Carrie jemals wirklich „the one“ für ihn? Um das nachzuvollziehen, muss man kein Kenner der Serie sein. Auch die überzeugende Darstellung von Sarah Jessica Parker hilft, die achterbahnartige Turbulenz der vorangegangenen Beziehung in solchen Einstellungen zu spiegeln. Kings einfühlsame Regiearbeit verleiht seinem Film eine Dimension des Realen, den die unglaubwürdig sprunghafte „Sex and the City“-Serie stets vermisst hat.