Australien 2004 · 106 min. · FSK: ab 12 Regie: Cate Shortland Drehbuch: Cate Shortland Kamera: Robert Humphreys Schnitt: Scott Gray Darsteller: Abbie Cornish, Sam Worthington, Lynette Curran, Erik Thomson, Hollie Andrew u.a. |
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Abbie Cornish |
Sanft erklingen die Töne des Glockenspiels, als die Kamera von Robert Humphrey A.C.S. sich suchend durch den Wald bewegt. Die unruhigen Aufnahmen sind in ein helles Blau getaucht. Es ist ungewiss, ob bald der Tag beginnt oder die Nacht einbricht. Gleich der Beginn von Somersault versetzt uns in eben jenen schwebend träumerischen Zustand, in dem auch Heidi sich befindet. Um sie dreht sich Cate Shortlands Film.
Heidi lebt in einer zeitlosen Welt, streift ziellos durch die Wälder und schnippst Kieselsteine übers Wasser. Sie will die Dinge erfühlen, um sie zu erkennen. Langsam gleiten ihre Hände über ein altes Sofa, raue Tapete oder über die Auslage von Schokoriegeln. Doch so unbeschwert wie ihr Leben in solchen Momenten erscheinen mag, ist es nicht. Es ist eigentlich ein ziemliches Durcheinander, in dem sie nach einem Weg sucht, um irgendwie Halt zu finden.
Mit ihren sechzehn Jahren ist Heidi längst kein Kind mehr – und dennoch nicht erwachsen. Hals über Kopf reißt sie von zu Hause aus, als sie dem Freund ihrer Mutter zu nahe kommt, und verbringt einige Zeit in einem kleinen Touristenort im australischen Skigebiet Jindabyne. Verletzen wollte sie niemanden, sie ist bloß ihrer Neugier, ihren Gefühlen gefolgt. Manchmal wiederum wirkt sie sehr berechnend, wenn sie, ihre Engelssträhnen stets sorgsam ums Gesicht gelegt, nachts durch die Clubs zieht auf der Suche nach Liebe. Erst durch den älteren Farmerssohn Joe (Sam Worthington) kommt die Rastlose zur Ruhe.
Abbie Cornish verleiht dem Mädchen ein wunderbar natürliches Selbstbewusstsein, welches es uns sehr nahe bringt. Wir begeben uns mit ihm in hohe Lüfte, aus denen man tief fallen kann. Somersault – »Purzelbaum« oder »Salto« – folgt den Sehnsüchten einer Teenagerin und eröffnet zugleich den Blick auf zahlreiche Nebenschauplätze von vertrackten Beziehungsgeflechten. Ebenso Heidis Mutter verweilt gerne allein in Bars, Joe sucht Geborgenheit bei dem homosexuellen Freund seiner Mutter und Irene, bei der die Herumtreiberin für eine Weile unterkommt, hat einen Sohn, der wegen Mordes im Gefängnis sitzt.
Sich aufeinander einlassen können und wollen, sich wohl fühlen und verweilen mögen – das sind die klassischen Themen der Liebe. Cate Shortland versteht es, sich diesen anzunehmen ohne dabei zu moralisieren. Die Geschehnisse werden einfach so erzählt, wie sie sich ergeben.
Nur manchmal läuft der Film Gefahr, Gedanken zu stark illustrieren zu wollen: wenn Joe durch ein rotes Kristallglas blickt, genauso wie Heidi durch die roten Gläser einer Skibrille, und die Welt vor ihren
Augen in ein irreales Farbbad taucht. Dann werden die Parallelen zwischen den beiden fast zu offensiv betont. Doch die feine Montage von Scott Grey verhindert das Übertreten ins Kitschige. Die stillen Pausen, wenn das Laub über den Boden raschelt oder das Eis auf der Windschutzscheibe zerschmilzt, erscheinen im richtigen Augenblick. Die Bilder wirken wundersam übernatürlich ohne widernatürlich zu sein. Es ist eben dieser schwebend träumerische Zustand, der diesen Film
ausmacht.