USA 2017 · 152 min. · FSK: ab 12 Regie: Rian Johnson Drehbuch: Rian Johnson Kamera: Steve Yedlin Darsteller: Mark Hamill, Carrie Fisher, Adam Driver, Daisy Ridley, John Boyega u.a. |
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Die Frauen, die wir uns schon so lange gewünscht haben – hier: Laura Dern |
»I’m just starting into it, but so far, honestly, it’s the most fun I’ve ever had writing. It’s just joyous. But also for me personally, I grew up not just watching those movies but playing with those toys, so as a little kid, the first movies I was making in my head were set in this world. A big part of it is that direct connection, almost like an automatic jacking back into childhood in a weird way. But I don’t know, ask me again in a few years and we’ll be able to talk about that.« –Rian Johnson auf die Frage von Terry Gilliam, wie es sich anfühlt als Regisseur ein Projekt zu übernehmen, das durch einen anderen Regisseur berühmt wurde.
Meine Sozialisierung lief ein wenig anders ab als die von Rian Johnson. Nordsee ist Mordsee statt Krieg der Sterne und erst viel später Steven Spielberg. Und da mein Vater bis heute ein strenger, alles Kirchengeplappere verachtender Mann ist, habe auch ich für den christlichen Glauben nicht viel übrig. Auch die Liturgien anderer Kirchen stimmen mich eher skeptisch und wecken allein mein ethnologisches Interesse, auch wenn es noch so ein wilder Mix aus Joseph Campbells Heldenreisemotiven, charismatisch-christlicher Mystik, naturreligiösen und taoistischen Elementen ist, wie er im Star Wars-Universum praktiziert wird.
Diese Welt trotzdem zu umarmen – denn es ist ja (noch) nur ein Filmuniversum – wird allerdings noch einmal schwerer, wenn man die wirtschaftlichen Seiten betrachtet. Das siebte Installment der Saga, Star Wars: The Force Awakens, war das erfolgreichste des Franchise, der bislang erfolgreichste Film der USA, der erfolgreichste des Jahres 2015 und der dritterfolgreichste aller Zeiten. Eine nach marxistischem Weltbild in feudalistische Zeiten zurückgefallene Zukunftsvision als Quotenrenner des Universums, eine Geldkackmaschine, die mit ihren dialektischen Bocksprüngen nicht nur Kinobetreibern das Leben schwer macht (erhöhte Abgabeforderungen & Mindestspielzeitklauseln), sondern erst Recht den vielen kleinen Filmen, die durch dieses Diktat weitaus geringere Chancen haben, das Licht eines Kinosaals zu erblicken – Karl Marx das auf einer Zeitreise zu erzählen, wäre ein großer, ein aufregender Moment.
Aber ganz so einfach ist es dann leider doch nicht, denn immerhin gibt es auch für mich eine gemeinsame Schnittmenge: Der Gedanke des ewigen Widerstands. Auch wenn der sich fast in einen der ewigen Wiederkehr auflöst, weil er sich ganz nach den gängigen Heldenreiseparadigmen durch alle Fortsetzungen zieht. Aber der Widerstand bleibt dennoch Widerstand und wird im nun achten Teil, Star Wars: Die letzten Jedi derartig intensiv beschworen, als wenn Amerika schon im politischen Chaos versunken wäre und nicht erst dazu ansetzt.
Was im siebten Teil mit seinen nur schwer erträglichem Retroschwurbeleien vorbereitet wurde, explodiert nun also im achten Teil: nicht nur verstärkt durch das konsequente Auftauchen von alten Bekannten des Star Wars-Universums, sondern vor allem durch eine endlich einmal zumindest in Ansätzen zeitgemäße Adaption. Zwar gibt es immer noch die für eine Space Opera eher befremdlichen Neckereien mit extraterrestrischen Lebensformen und verballhornten künstlichen Intelligenzen, doch scheint Rian Johnson durch seine eigene Filmografie, den intelligenten SF-Knaller Looper und einige der besten „Breaking Bad“-Folgen eine gewisse Immunität gegen Weltraumkitsch entwickelt zu haben und würzt diese vom Fanpublikum erwarteten Elemente mit deftiger Ironie.
Auch ansonsten gelingt es Johnson trotz der vorhersehbaren Handlung – Gut gegen Böse: Sieg, Niederlage, Sieg, Niederlage usw. – durch die schon angedeuteten zeitgemäßen Erweiterungen zu überraschen: Die Analogien auf populistische Alleinherrscher unserer politischen Gegenwart könnten deutlicher nicht herausgearbeitet sein und dürften beim amerikanischen Publikum noch schwerer punkten als in Deutschland. Und endlich gibt es auch die Frauen im Star Wars-Universum, die wir uns schon so lange gewünscht haben: nicht nur darf Carrie Fisher zum ersten und leider letzten Mal als Generalsprinzession Leia den Widerstand anführen, sondern bekommt sie außerdem eine charakterlich komplettierte Rey (Daisy Ridley) an ihre Seite. Und als wirkliche Überraschung zur Verstärkung auch noch die umwerfende Laura Dern als Vize Admiral Amilyn Holdo mit dazu. Und wo wir schon von weiblichen Anteilen sprechen: wer hätte gedacht, dass das Böse einmal so weiblich würde sein dürfen wie das von Adam Driver als Kylo Ren? Vielleicht ist das tatsächlich die eigentliche Überraschung diese Forsetzung – fehlenden Plot durch schauspielerische Präsenz wettzumachen; taucht etwa nicht gerade dann Benicio del Toro in einer verblüffenden Nebenrolle auf, als der Film schon hätte zwei Mal zu Ende sein können?
Neue, innovative Welten oder wenigsten interessante Handlungsstränge lassen sich durch die Personalaufstockung oder durch Luke Skywalkers (Mark Hamill) erstaunliche Körperprojektionsfähigkeiten allerdings nicht generieren und es ist vielleicht das Traurigste an dem Erfolg dieses Franchises, dass wir es hier wie der Philosoph und Soziologe Arno Plack es einmal formulierte, mit einem „Leben aus zweiter Hand“ zu tun haben. Es sind die Abdrücke einer anderen Zeit, die Sehnsucht nach einer Kindheit ohne Ende, versehrte Bruchstücke aus Philosophien und Ideologien, gepaart mit muffigen Allmachtsfantasien, die wieder und wieder reanimiert, inkarniert und beschworen werden, bis sie zum Sargdeckel des eigenen Erfolgs werden. Denn wirklich nachhaltige Innovation – und damit die Zukunft – findet inzwischen woanders statt. Nicht mehr im inzestuösen Kinokosmos des Star War-Franchises, sondern als Serie auf Bildschirmen aller Art, die inzwischen selbst leuchten wie die Sterne im All, man denke nur an die Neuinterpreation von Battlestar Galactica oder das seit 2015 von Mark Fergus und Hawk Ostbys nach dem Roman von James S. A. Coreyan entwickelte The Expanse.