Österreich 1998 · 87 min. · FSK: ab 6 Regie: Florian Flicker Drehbuch: Florian Flicker, Michael Sturminger Kamera: Robert Neumüller Darsteller: Birgit Doll, Wolfram Berger, Nina Proll, August Zirner u.a. |
Als der Russin Nana (Birgit Doll) mit vorschriftsmäßigem Zahnpasta-Lächeln erklärt wird, ihr Visum für die USA sei gefälscht, bricht für sie die Welt zusammen. Ihre Flucht aus der Armut ist am geübten Blick einer Serviceangestellten des Wiener Flughafens gescheitert: Ohne Perspektive flieht sie vor Sicherheitskräften und taucht unter dem Namen einer beliebigen amerikanischen Touristin – Suzie Washington – ab. Mit dem Ziel Deutschland begegnet sie wenigen, aber umso glanzloseren Personen, deren Absichten oft allzu eindeutig sind.
So schnell wird aus einer Touristenattraktion eine Falle: Als illegale Einwanderin, ohne Paß, Geld und ausreichende Sprachkenntnisse erlebt Nana die Schattenseiten des Salzkammerguts. Völlig auf sich allein gestellt, kämpft sie sich durch die malerische Urlaubswelt, in der sich sonst Touristen erholen. Freundlichkeit erscheint nur, solang sie sich als Amerikanerin ausgibt – bis sie ihren Ausweis zeigen soll: Dann bleibt nur die Flucht. Einige männliche Bekannte nutzen obendrein schamlos die Gunst der Stunde für eindeutige Angebote.
Der Perspektivenwechsel des österreichischen Regisseurs Florian Flicker ist schonungslos. Nach dem tristen Science-Fiction Film Halbe Welt (1993) bleibt er seinem gesellschaftlichen Engagement treu. Mit einfachsten, mitunter dokumentarischen Mitteln erzählt er die Odyssee einer Frau, die sich wie eine Außerirdische auf die Erde verirrt hat. Sein schizophrenes Bild einer Gesellschaft, die sich in zwei Klassen aufteilt, legt den Finger auf die Wunde, dabei verwendet er keinen wertenden Standpunkt, wie in Hollywood oft der Fall. Konsequent erspart der 33-jährige auch falschen Pathos und schnulzige Szenen. Überaus realistisch spielen die in Österrecih nicht unbekannten Darsteller, allen voran Birgit Doll als Nana: strenge, angespannte Gesichtszüge, verlorener, doch wachsamer Blick, ein reichhaltiges Repertoire an Gesten, die die fehlende Sprachkommunikation ersetzen muß. Ein reichhaltiger Fundus für absurde Situationskomik.
Suzie Washington ist eine hintersinnige Komödie, ein spannendes Road-Movie, ein Polit-Drama, das vor der eigenen Tür kehrt. Der Film lief schon oft im Programm diverser Festivals (Diagonale ‘98, Saarbrücken ‘98, San Sebastian ‘98) und zeigt eine unbemerkt pervertierte Gesellschaft, deren Mitglieder nur durch einen gültigen Ausweis definiert sind. Alle anderen sind demnach kriminell.