USA 2012 · 99 min. · FSK: ab 12 Regie: Jonathan Levine Drehbuch: Jonathan Levine Kamera: Javier Aguirresarobe Darsteller: Nicholas Hoult, Teresa Palmer, Rob Corddry, Dave Franco, Analeigh Tipton u.a. |
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Mehr schlecht als recht, mehr schön als faul. |
Kaum ist Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 2 der Twilight-Saga von den Leinwänden verschwunden, wirbelt eine neue Idee ins Kino. Der frisch geduschte Zombie mit den schönen blauen Augen setzt sich in den plüschigen Kinostuhl und futtert Popcorn.
Damit wird die Verballhornung eines Genres fortgesetzt: Die Verniedlichung und Vermenschlichung von Monstern, Vampiren, Gespenstern und all den Geschöpfen, die der Mensch sich als Projektionsflächen für altertümliche und zeitgeistige Ängste schuf.
Schon der Animationsfilm Hotel Transsilvanien stampfte die Unterschiede zwischen Mensch und Monster in den Partyboden des hippen Vampirschlosses. Die supi-süßen Vampire, Werwölfe und anderen Kreaturen der Phantasie luden zum Knuddeln, aber nicht zum Fürchten ein. Die alberne Frage „Sind wir nicht alle gleich?“ wurde gestellt und leider auch beantwortet.
Nach den zwielichtigen Vampiren kommen nun also die Zombies mit dem starken Willen zur Selbstheilung ins Kino. Erst sind sie sehr traurig ob ihrer sehr traurigen Existenz. Und erst ist alles wie immer: Sie fressen Menschen. Dann wird es doch ganz, ganz schnell ganz anders. Beim Verspeisen der menschlichen Gehirne können die Untoten deren Inhalt abrufen. Dabei passiert es: Zombie R hat gerade Julies Freund Perry zerbissen. Beim Betrachten von Perrys Erinnerungen verliebt sich R in Julie. Der Rehumanisierungsprozess nimmt seinen Lauf …
Die Idee zum Film entstammt einer Kurzgeschichte aus dem Internet. Die Erzählung „I am a zombie filled with love“ begeisterte erst die Online-Gemeinschaft und dann eine Produktionsfirma, die sich mit Teenager-Love-Stories gut auskannte.
Robert Pattison spielt nicht mit. Um den Übergang von Twilight – Biss zum Morgengrauen zu Warm Bodies zu erleichtern, wird die weibliche Hauptrolle von einer Frau gespielt, die stark an Kristen Stewart erinnert. Zur Unterscheidung trägt die neue Schauspielerin (Teresa Palmer) blonde Haare.
Der Teenage-Love-Nachfolger von Robert Pattison heißt Nicholas
Hoult und ist ganze drei Jahre jünger. Selbst als Untoter wirkt Hoult lebendiger als der lethargische Teenievampir-Darsteller.
John Malkovich spielt auch mit.
Damit die Zombies überzeugend „gut“ sein können, brauchen sie in der Monster-Hierarchie eine Gruppierung unter sich. Für diesen untersten Platz in der Beliebtheitsskala wurden die „Boneys“ erschaffen. Sie sind fies und gnadenlos wie die Zombies von früher, aber viel schneller.
Der Zombie darf als Individuum auftreten. Vom Boney wurde EIN Prototyp animiert, der dutzendfach ins Geschehen kopiert wurde.
Waren die Zombie-Filme einst im Trash- und Exploitation-Genre verankert, erhebt Warm Bodies sich aus diesem filmhistorischen Biotop geschichtsverleugnend, glatt und kulturverächtlich.
Sorgfältig geschminkt und gestylt wanken die Edel-Zombies mit sehr schönen Zähnen durch die großartig ausgeleuchtete Szenerie. Die perfekten Effekte regen eher zum Aufschluchzen an. Kein Herzblut von sich selbst ausbeutenden FilmemacherInnen ist spürbar. Kein mit
viel Liebe gebastelter und etwas daneben gegangener Trick kommt vor.
Die Zielgruppe sollte anscheinend nicht allzu sehr erschreckt werden. Da hieß es: Raus aus dem Schmuddelmilieu. Rein in die coolen Jugendzimmer.
War noch die Zombie-Horrorkomödie Shaun of the Dead von Edgar Wright eine tiefe Verneigung vor dem Genre, bügelt Jonathan Levine alles Eklige, Glitschige, Versiffte und Verfaulte weg. Und das, genau das: fehlt!
Eigentlich klingt die Idee, RomCom mit Horror zu verbinden, ja ganz interessant. Dass die Umsetzung dieses durchaus gewagten Vorhabens aber auch grandios scheitern kann, wird an Jonathan Levines Warm Bodies deutlich. Am Ende bleibt nicht viel mehr außer einem großen Scherbenhaufen aus Stereotypen und unfreiwilliger Komik.
So unreflektiert wie Warm Bodies hat sich wohl selten ein Film in die Welt der Zombies begeben. Die typischen Zombie-Klischees werden so unverändert und platt bedient, dass man sich als Zuschauer in den ersten Minuten die Frage stellt, ob man in einer romantischen Liebeskomödie (RomCom) oder in einer Zombiefilm-Parodie sitzt: Bleichgesichtige, menschenähnliche Wesen mit leeren Blicken und sabbernden Mündern staksen mit ausgestreckten Gliedmaßen und hängenden Schultern durch eine post-apokalyptische Stadt und schnuppern regelmäßig nach Menschenfleisch, das ihnen – was sonst? – als Nahrungsgrundlage dient. Das Post-Apokalyptische an der post-apokalyptischen Welt wird im Übrigen sehr einfallsreich durch ein paar alte Autos und verdreckte Straßen symbolisiert…
Die Story ist ebenso wenig durchdacht wie das Inventar. In den ersten Sequenzen des Films, in denen wir die Gedanken des Zombie-Protagonisten R hören, wird aufgezählt, was die Zombies alles im Gegensatz zu Menschen nicht können: Denken, Sprechen, Fühlen und Träumen. Da stellt sich die Frage, warum wir die Gedanken eines des Denkens unfähigen Zombies hören, oder nicht? Dass die Zombies im Laufe des Films dann auf einmal alle anfangen zu sprechen, zu fühlen und zu träumen, kann man nur noch als fast schon humorvolle gemeinte konsequente Inkonsequenz bezeichnen.
Aber halt: Natürlich gibt es für die Re-Vermenschlichung der Zombies einen Grund: die Liebe zwischen Mensch und Zombie. Zombie R hat auf einer Erkundungstour mit seinen Zombie-Kumpels zufällig eine Gruppe von Menschen entdeckt, die sie natürlich angreifen und verspeisen. Unter diesen Menschen befindet sich auch das hübsche blonde Mädchen Julie und ihr Freund Perry. Wie’s der Zufall will, isst R Perrys Gehirn auf, wodurch er sich die Erinnerungen und Empfindungen des Jungen aneignet. Die restliche Geschichte ist spätestens ab diesem Zeitpunkt vorhersehbar. R verliebt sich in Julie, nimmt sie mit in sein Zombie-Haus, ein Flugzeugwrack. Hier erfährt man, dass R eine Sammelleidenschaft pflegt, da er sein Flugzeug mit allem nur denkbaren Krimskrams ausstaffiert hat. Vor allem Schallplatten sind Rs großes Hobby. Ein Zombie mit Hobbys – warum eigentlich nicht!
Nach ein paar Tagen in Zombie-Isolationshaft fängt Julie an, ihren komischen neuen untoten Freund zu mögen. Das ungleiche Paar heizt ein wenig mit einem Sportwagen durch die Gegend und bald darauf ist es endgültig um Julie geschehen. Selbst als sie erfährt, dass R das Gehirn ihres Freundes verspeist hat, reagiert sie recht gelassen. Sie habe sich das ja eh fast schon gedacht. Trotzdem läuft sie ihm davon, er sucht sie in der Menschenstadt, findet sie und lässt sich als Mensch schminken. Es folgen Zombie-gegen-Zombie-Kämpfe, die das frisch verliebte Paar irgendwie durchstehen muss und dabei sogar so etwas wie eine Utopie schafft – selbstverständlich mit garantiertem Happy End.
Das klingt nicht nur so platt, dass es sich lustig anhört, das ist tatsächlich lustig! Vorausgesetzt man sieht davon ab, dass der Film eine Liebeskomödie mit relativ ernsthaftem Anspruch sein will und lässt außerdem jegliche Erwartung an innovative Momente beiseite. Sollte man diese beiden Punkte allerdings nicht gewillt sein zu berücksichtigen, ist es wohl besser sich diese ganz und gar schlecht durchdachte Zombie-Liebes-Utopie zu sparen.